Delivery Hero, der deutsche Lieferdienst-Riese und Mutterkonzern von Glovo, hat eine wichtige Entscheidung bekannt gegeben: In Spanien werden 15.000 Lieferfahrer von Freelancern zu Festangestellten umgestellt. Dieser Schritt soll rechtliche Unsicherheiten vermeiden und das Unternehmen auf eine stabilere Grundlage stellen. Die Börse reagierte heftig – die Aktie sackte um 10,56 % auf 34,65 Euro ab. Doch was bedeutet diese Entwicklung für die Zukunft von Delivery Hero?
Delivery Hero, eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich Essenslieferung, operiert in über 50 Ländern. Mit der Marke Glovo bedient der Konzern den spanischen Markt und ist in mehr als 900 Städten aktiv. Das Freelance-Modell, das bislang von Glovo genutzt wurde, geriet zunehmend in die Kritik der spanischen Behörden. Bereits in der Vergangenheit wurden hohe Strafen wegen Verstößen gegen das Arbeitsrecht verhängt. Nun zieht Delivery Hero Konsequenzen und führt ein Festanstellungsmodell ein.
100 Millionen Euro Belastung für 2025 – was steckt dahinter?
Die Umstellung des Arbeitsmodells wird das bereinigte EBITDA von Glovo im Jahr 2025 mit rund 100 Millionen Euro belasten. Diese Summe ergibt sich aus höheren Personalkosten, Sozialversicherungsbeiträgen und weiteren rechtlichen Anpassungen. Dennoch rechnet das Unternehmen damit, dass Glovo ab 2025 in Spanien wieder ein positives EBITDA erwirtschaften wird.
Für das Gesamtjahr 2024 prognostiziert Delivery Hero Eventualverbindlichkeiten von bis zu 770 Millionen Euro. Diese decken potenzielle Nachzahlungen für Sozialabgaben, Bußgelder und Steuerforderungen ab. Obwohl die endgültigen Entscheidungen der spanischen Behörden noch ausstehen, muss Glovo bereits ab dem zweiten Quartal 2025 Zahlungen leisten oder Bankgarantien bereitstellen.
Marktreaktion: Aktie fällt, Analysten optimistisch
Die Anleger reagierten auf die Nachrichten skeptisch, was zu einem deutlichen Kursverlust führte. Mit einem Minus von 10,56 % war Delivery Hero am Montag der größte Verlierer im MDAX. Dennoch bewerten Analysten den Schritt differenziert.
Delivery Hero Aktie Chart
Die Schweizer Großbank UBS hält an ihrer Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 56 Euro fest. Analyst Jo Barnet-Lamb lobt die strategische Klarheit, sieht jedoch weiterhin Unsicherheiten bei den finanziellen Auswirkungen der Umstellung. JPMorgan bleibt ebenfalls optimistisch mit einem Kursziel von 42 Euro. Marcus Diebel von JPMorgan betont, dass die Anpassung langfristig die Basis für nachhaltiges Wachstum schaffen könnte.
Europäische Regulierung im Fokus
Die Entscheidung von Delivery Hero spiegelt nicht nur nationale Entwicklungen in Spanien wider, sondern auch einen größeren Trend innerhalb der EU. Die im Oktober verabschiedete Platform Work Directive zielt darauf ab, die Rechte von Gig-Arbeitern europaweit zu stärken. Die Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Für Unternehmen wie Delivery Hero bedeutet dies eine zunehmende Regulierung und steigende Kosten – nicht nur in Spanien, sondern auch in anderen europäischen Märkten.
Die Herausforderungen der Integration
Während die Umstellung auf ein Festanstellungsmodell rechtliche Probleme lösen soll, bleiben operative Herausforderungen. Die Integration von 15.000 Fahrern in ein angestelltenbasiertes System erfordert erhebliche Investitionen in Personalverwaltung, Infrastruktur und Schulung. Zudem könnten die höheren Kosten zu Anpassungen der Preismodelle führen, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit von Glovo beeinflusst.
Zukunftsperspektiven: Belastung oder Chance?
Trotz der kurzfristigen Belastungen birgt die Umstellung auch Chancen. Analysten sehen die Möglichkeit, dass Glovo und Delivery Hero langfristig von einem stabileren Geschäftsmodell profitieren könnten. Die Festanstellung der Fahrer könnte die Qualität der Dienstleistungen erhöhen und das Markenimage verbessern. Gleichzeitig wird es darauf ankommen, wie erfolgreich Delivery Hero die regulatorischen und finanziellen Herausforderungen meistert.
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