Vor gut einem Jahr haben sie Donald Trump einfach abblitzen lassen. Damals, als sich der ehemalige US-Präsident den CureVac-Wirkstoff allein für die USA sichern wollte, kannten BioNTech nur Insider und die Tübinger Firma war noch voll im Rennen um den Corona-Impfstoff. Ins Ziel sind jedoch andere gekommen. Die Bundesregierung hatte 300 Millionen Euro in des Unternehmen investiert. Ein Jahr später gibt es hierzulande vier zugelassene Mittel – CureVac ist jedoch nicht darunter.
Die Tübinger wollten es von Anfang an besonders gut machen. Erst im Dezember startete CureVac schließlich die finale klinische Studie, da haben BioNTech und Moderna bereits ihre ersten Not-Zulassungen erhalten.
Der Erfolg der anderen Konzerne setzt CureVac immer mehr unter Druck. Immer wieder hat die Firma die Studiendaten und den Zulassungsantrag angekündigt – und dann wieder verschoben. Am Dienstag folgte der nächste Dämpfer: Medienberichten zufolge soll Gesundheitsminister Jens Spahn in einer Sitzung verraten haben, dass die europäische Arzneimittelbehörde EMA nicht vor August mit einer Zulassung des CureVac-Mittels rechnet.
An der Börse gab es prompt die Quittung für die schlechten Nachrichten: Die CureVac-Aktie sackte innerhalb des Tages um 12 Prozent ein. Aktuell schwankt das Papier bei einem Kursniveau von 87,50 Euro.
Zu wenig Infizierte für die Zulassung
Die ständigen Verzögerungen haben mehrere Gründe. Wie schon erwähnt, wollte CureVac nichts überstürzen, um ein möglichst guten Impfstoff herzustellen. Hinzu kamen Finanzierungsprobleme für die ersten beiden klinischen Studien.
Mitten während der Untersuchungen haben sich dann andere Corona-Varianten verbreitet, was die Interpretation der Studiendaten schwierig macht. Gleichzeitig wurde die Suche nach Probanden im Frühjahr immer aufwendiger, weil sich bereits mehrere zugelassene Impfstoffe auf dem Markt befanden.
Die für die Zulassung benötigten 40.000 Testpersonen sind zwar mittlerweile geimpft; es haben sich jedoch bisher nicht genug Studien-Teilnehmer mit Covid-19 infiziert. Obwohl das Verfahren somit wieder ins Stocken geraten ist, hält CureVac weiterhin daran fest, den Zulassungsantrag noch Ende Juni stellen zu wollen. Ob das gelingt, ist jedoch weiterhin fraglich.
Vorteile der natürlichen mRNA
Sollte es im Spätsommer schließlich mit der Zulassung für das Vakzin der Tübinger Firma soweit sein, wird neben BioNTech und Moderna der dritte mRNA-Wirkstoff auf den Markt kommen. Er unterscheidet sich jedoch wesentlich von den anderen Vakzinen, da das CureVac-Präparat eine andere Form der mRNA nutzt, die der menschlichen näherkommt.
BioNTech und Moderna bleiben bislang die Antwort schuldig, warum sie modifizierte mRNA verwenden, obwohl die natürliche Variante mehr Wirksamkeit verspricht. Klar ist: Pharmakonzerne denken äußerst ökonomisch und versuchen in der Regel, Produkte mit möglichst vielen Patenten auf den Markt zu bringen.
Die Vorteile des CureVac-Technologie sind hingegen äußerst vielversprechend: So kann der Wirkstoff der Tübinger Firma bis zu 90 Tage gelagert werden – und das bei gewöhnlichen Kühlschranktemperaturen. Zur Einordnung: Die EMA genehmigt beim BioNTech-Vakzin eine Lagerung von maximal zwei Wochen – bei mindestens minus 15 Grad Celsius. Gleichzeitig soll das CureVac-Mittel bereits bei deutlich niedrigeren mRNA-Dosierungen wirksam sein, was Hoffnungen auf geringere Nebenwirkungen macht.
Sicher, das Unternehmen hat noch keine konkreten Angaben zur Wirksamkeit des Präparats geliefert. CureVac-Chef Frank-Werner Haas stellt ein Studien-Update mit Wirksamkeitsaussichten noch im Juni in Aussicht. So viel ist jedoch schon bekannt: Hinweise auf gefährliche Nebenwirkungen gibt es keine, alle Studien-Teilnehmer haben das Präparat gut vertragen.
Potenzial über Corona hinaus
Die EU-Kommission hat sich jedenfalls bereits 400 Millionen Impfdosen gesichert. CureVac plant, noch in diesem Jahr 300 Millionen Dosen herzustellen. Möglich machen soll das eine Kooperation mit den Großkonzernen Bayer und GSK.
Auch wenn die Impfungen in den Industrienationen rasant voranschreiten, werden auch die Dosen der Tübinger Spätstarter in jedem Fall gebraucht – für das normale Impfprogramm sowie für die Auffrischungs-Spritzen. Vor allem ist aber der globale Bedarf weiterhin riesig, wo die günstigeren und besser zu handhabenden mRNA-Vakzine von CureVac große Vorteile versprechen.
So könnte sich die Geduld der Tübinger letztlich noch auszahlen – auch über die Corona-Impfungen in ärmeren Regionen hinaus. Denn CureVac hat zweifelfrei ein Rezept gefunden, das großes Potenzial für die Verbesserung von diversen anderen RNA-Vakzinen mit sich bringt. So könnten die Letzten am Ende doch wieder die Ersten sein.
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