In Polen köchelt seit Jahren eine massive Hypotheken-Krise, deren Ursprünge noch auf die Zeit vor dem großen Finanzcrash 2008 zurückgehen. Die Blase könnte im kommenden Monat vollends platzen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg kürzlich berichtete. Es geht um ein Kreditvolumen von 32 Milliarden US-Dollar. Und inmitten des schwierigen Terrains bewegt sich auch die polnische Commerzbank-Tochter mBank, die zu den größten Kreditgebern zählt.
Worum geht es?
Über die Deutsche Bank ließ sich in den vergangenen Jahren wenig Positives berichten. Aber in einem Punkt hat sie möglicherweise mehr Weitblick bewiesen als die Konkurrenz. Ende 2017 verkaufte das Unternehmen seine polnische Tochtergesellschaft Euro-Bank an die spanische Bank Santander. Marktbeobachter gingen zunächst davon aus, die Deutsche Bank wollte mit dem Verkauf ihre liquide Mittel aufstocken, um die Verluste durch die zahllosen anhängigen Gerichtsverfahren aufzufangen. Doch hinter dem Deal könnte auch eine ganz andere Überlegung gesteckt haben.
Aufgrund des Wirtschaftsbooms gewann die polnische Währung Zloty in der Zeit vor der Finanzkrise 2008 konstant an Wert hinzu. Vor diesem Hintergrund machten die Banken polnischen Kreditnehmern ein verlockendes Angebot, das insbesondere bei Häuslebauern oder Immobilienkäufern reißenden Absatz fand. Nehmt euer Darlehen doch in einer Fremdwährung auf, so die Banken. Dann macht ihr einen richtig guten Schnitt und verdient auch noch bares Geld an dem Kredit.
Vor allem der Schweizer Franken war damals en vogue in Polen. Die Währung brauchte sich vom Status nicht hinter dem US-Dollar zu verstecken und galt im Unterschied zum Dollar zudem als ziemlich schwankungsresistent. Die Überlegung war nun folgende: Nehme ich das Darlehen in Franken auf, verbilligt sich die Kreditsumme für mich im Laufe der Jahre, weil der Zloty weiterhin an Kaufkraft zulegt. Das Sahnehäubchen: Binnen kurzer Zeit würde der Verkaufswert der Immobilie die Hypothekenlast locker übersteigen – besser kann ein Hauskredit gar nicht abgesichert sein.
Auf Sand gebaut
Dass diese Kalkulation auf Sand gebaut war, zeigte sich, als die Investmentbank Lehman pleite ging und die gesamte Finanzwelt mit in den Abgrund zu reißen drohte. Seitdem haben sich die Vorzeichen verkehrt. Der Zloty hat seit 2008 die Hälfte an Wert eingebüßt, während der Schweizer Franken zwischenzeitlich durch die Decke jagte. Viele polnische Schuldner konnten ihre Kreditraten nicht mehr bedienen oder sind bis zum Anschlag mit den lang laufenden Darlehen belastet. Und die Hypotheken sind in der Regel weitaus höher als der reale Verkaufswert der Immobilien heute.
Laut Bloomberg sind in Polen rund 600.000 Kredite mit einer Gesamtsumme von umgerechnet 32 Mrd. US-Dollar von diesem Dilemma betroffen. In einer Grafik verdeutlicht die Nachrichtenagentur, wie sich die betroffenen Kredite (und das potenzielle Risiko) anteilmäßig auf die einzelnen Banken verteilen: Bank Millennium (BCP) 26,3 %, Getin Noble Bank 24,0 %, und die mBank folgt auf Platz drei mit 16,7 %. Die börsennotierte mBank gehört zu rund 70 % der Commerzbank, 30 % der Aktien sind im Streubesitz.
Weshalb die Panik?
Viele betroffene Schuldner haben in der Vergangenheit bereits gegen die aus ihrer Sicht unfaire Praxis der Kreditvergabe in Fremdwährungen geklagt. Bisher gaben die polnischen Gerichte fast immer den Kreditinstituten recht. Es sei die freie Entscheidung jedes Kreditnehmers gewesen, in die Verträge einzuwilligen, also müssten sie auch die Risiken tragen, so die Argumentation.
Doch ein weiteres Verfahren vor dem EU-Gerichtshof in Luxemburg könnte diese Urteile nun zum Kippen bringen. Der polnische Anwalt Jacek Czabanski hat den Prozess angestrengt und vertritt in einer Sammelklage mehrere hundert Mandanten. Eine (nicht bindende) Einschätzung eines Beraters des Europäischen Gerichtshofs vor mehr als einem Monat hatte anschließend für reichlich Wirbel an der polnischen Börse gesorgt, weil er die Klage gänzlich neubewertete. Daraufhin stürzte der Aktienkurs der mBank im Juli von 100 auf 80 Euro ab. Andere polnische Bankenwerte taten es der mBank gleich.
Der Berater argumentierte, dass polnische Gerichte keine „missbräuchliche Klauseln“ in Fremdwährungskreditverträgen beibehalten könnten. Werden dann alle Altkreditverträge in Schweizer Franken in Zloty umgewandelt? Bloomberg schätzt das Gesamtausfallrisiko in diesem Fall für die beteiligten polnischen Banken auf 16 Mrd. US-Dollar ein. Mit einer Entscheidung des EU-Gerichtshofs in dieser Sache wird im kommenden Monat gerechnet. Dann wird erst sichtbar, ob der Commerzbank ein konkreter Schaden entstehen könnte und wenn ja, wie hoch sich dieser genau bemisst.
Commerzbank-Aktie: Kaufen oder verkaufen?! Neue Commerzbank-Analyse vom 02. November liefert die Antwort:
Die neusten Commerzbank-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dringender Handlungsbedarf für Commerzbank-Aktionäre. Lohnt sich ein Einstieg oder sollten Sie lieber verkaufen? In der aktuellen Gratis-Analyse vom 02. November erfahren Sie was jetzt zu tun ist.