Was für ein Krimi rund um die Commerzbank. Die Aktie bewegt sich am Mittwoch an den Börsen recht deutlich und gewinnt gut 1,6 %. Damit notiert der Bank-Titel bei 15,78 Euro – und schon stellt sich die Frage, ob Aktionäre bei dem Übernahme-Kampf dabei sein sollten.
Worum geht es? Die UniCredit ist offenbar gewillt, die Commerzbank zu übernehmen. Das gilt als Schlag für die Finanzindustrie Deutschlands. Die Bundesregierung ist an der Commerzbank seit der Finanzkrise 2008 noch beteiligt, will aber jetzt verkaufen – obwohl die UniCredit diese deutsche Bank übernehmen möchte. Ein Kampf um die Zukunft der Bankenindustrie in Deutschland bahnt sich damit an.
Die Übernahmeschlacht – der Stand der Dinge wird deutlicher
Dabei werden nun die Verhandlungsmodalitäten langsam sichtbar – jedenfalls berichtet ein „Insider“, dass die Finanzchefin der Commerzbank die UniCredit-Gespräche leiten solle. Die Bundesregierung möchte offenbar nicht „einlenken“, was bedeutet: Selbst wenn die UniCredit übernehmen möchte, will die Regierung sich nicht von ihren Plänen ablenken lassen.
Dabei will die Commerzbank einer Meldung der Agenturen nach, hier auf n-tv.de, offenbar, dass der Bund den Anteil von aktuell 12 % an der Commerzbank halten soll.
Die Gemengelage sorgt derzeit dafür, dass der Aktienkurs schwankungsanfällig sein wird, so ein Händler.
Commerzbank Aktie Chart
Die Kursperformance der Commerzbank-Aktie
Der Hintergrund der Übernahme
Die italienische Unicredit hat bei der Verkaufsauktion des Bundes in Deutschland 4,5 % der Anteile an der Commerzbank erworben. Insofern herrschte hier noch keine Unruhe. Die kam erst auf, als bekannt wurde, dass die UniCredit auch auf dem freien Markt zugeschlagen hatte.
Sie hatte Aktien in einem Umfang gekuaft, der ihr aktuell eine Beteiligung von in etwa 9 % an der Commerzbank sichert. Damit ist die UniCredit schon heute ein Großaktionär – und dies wird zumindest in politischen Kreisen jenseits der Regierung als durchaus spektakulär empfunden.
Man kann es Übernahme nennen, wobei der Anteil, den die UniCredit sich sichern könnte, noch offen ist. Die UniCredit würde nach der HypoVereinsbank eine zweite deutsche Bank „übernehmen“, was zumindest aus politischer Sicht eine fragwürdige Entwicklung wäre.
Die interessantere Frage für die Börsen lautet jedoch anders: Wenn die Aktie der Commerzbank also zur Übernahme freigegeben ist, sind Gewinne denkbar. Was wird die UniCredit „bieten“, wenn sie große Pakete einsammelt, was wird sie bieten, wenn sie ganz offiziell Alt-Aktien einsammelt – und wie lässt sich das ermitteln?
Ansatzpunkt: Quartalsergebnisse
Die wirtschaftliche Situation ist ein erster Anhaltspunkt. Dabei wird das Ergebnis aus dem zweiten Quartal als „solide“ empfunden . Nicht mehr oder weniger ist es auch. Auf Basis der aktuellen Schätzungen für das Gesamtjahr wird der Aktienkurs derzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von ca. 8 bewertet. Das ist weder günstig noch teuer.
Im einzelnen zeigte sich im zweiten Quartal eine leichte Steigerung der Erträge. Die kletterten gegenüber dem 2. Quartal des Vorjahres um 1,5 %. Die Bank selbst sieht ein „starkes Kundesgeschäft“ und vor allem höhere Provisionserträge, sprich: Die Margen sind gestiegen. Das bestätigt auch den Eindruck aus dem gesamten ersten Halbjar, in dem die Erträge um 2,2 % gegenüber dem Vorjahr geklettert sind.
- Ein kritischer Punkt könnten die Zinsgeschäfte werden. Schon im 2. Quartal sanken die Zinsüberschüsse von zuvor 2,13 Mrd. Euro im Vorjahr auf 2,078 Mrd. Euro. Nun sinken die Zinsen, was wiederum die Überschüsse reduzieren dürfte.
- Ein belebendes Element werden die Wertpapiergeschäfte sein – die mit sinkenden Zinsen ggf. noch attraktiver werden können. Der Provisionsüberschuss kletterte um 4,5 %, liegt allerdings nur bei ca. 40 % des Zinsüberschusses, was bedeutet: Aktuell gleichen sich „Gewinne“ und „Verluste“ aus den jeweiligen Segmenten noch aus.
Die Kosten sind gesunken – ein weiterer Punkt
Zudem stiegen allerdings die Verwaltungskosten im 2. Quartal um2,9 %. Hier führt die Bank ihre polnische Tochter mBank als Grund an. Immerhin sind die Gesamtkosten in den ersten beiden Quartalen um ca. 2 % gefallen. Das wiederum macht sich in einer wichtigen Banken-Kennzahl bemerkbar: Die sogenannte Cost-Income-Ratio sank von 61 % auf 59 % (jeweils 1. Halbjahr 2023 und 2204). Den Erträgen von 5,415 Mrd. Euro standen Kosten von 3,187 Mrd. Euro gegenüber.
Also ist die Bank in diesem Sinne bis dato profitabler.
- Ein wesentlicher Angriffspunkt für Banken sind indes die Risiken aus dem Kreditgeschäft. Risiken sind nicht immer einfach zu steuern (zumal die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt). Dennoch ist hier zunächst Entwarnung angezeigt: Die Quote der „notleidenden Kredite“ beläuft sich auf 0,8 % – diese Quote hat sich nicht verändert. Das Risikoergebnis beläuft sich denn auch nur auf -199 Millionen Euro.
- Das Kreditgeschäft selbst ist deutlich angezogen – was ein gutes Zeichen ist. Das Kreditvolumen im Firmenkundensegment stieg auf 99 Mrd. Euro, im Privatkundenbereich sind wie zuvor 125 Mrd. Euro verbucht worden. Das Baufinanzierungsgeschäft kletterte um 23 %.
- Das erlaubt vor weiteren Zinssenkungen folgendes erstes Fazit: Die Bank scheint weiterhin sehr geringe Ausfallrisiken im Kreditgeschäft zu haben – trotz gestiegener Insolvenzen. Die Baufinanzierung wird wohl weiter anziehen können, was das Geschäft zusätzlich ausweitet. Und deshalb ist die steigende Profitabilität der Commerzbank bei einer überschaubaren Risikoentwicklung für die Zukunft relativ gut. Bestätigt wird dies durch die für das Bankengeschäft bedeutende „harte Kernkapitalquote“ (CET-1-Quote), die bei 14,8 % lag (2. Quartal) und den Vorjahreswert von 14,4 % sogar ausbaute. Die Commerzbank hat hinreichend Risikovorsorge betrieben.
Jahresziele sind bestätigt
Somit konnte die Commerzbank die Jahresziele 2024 bestätigen. Das Konzernergebnis sollte hier über dem Vorjahr liegen, was wiederum das oben genannte KGV von ca. 8 bestätigt.
Die Aktie ist zumindest solide. Aktienrückkäufe könnten den Aktienkurs noch etwas antreiben.
Wie teuer aber darf die Aktie nun sein?
Wie viel würde die UniCredit aber wohl bieten? Dies weiß nur die Bank selbst. Die Aktie der Commerzbank ist vergleichsweise solide bewertet. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) liegt im Regelfall zumindest bei der Commerzbank bei weniger als 1. Aktuell notiert es für das laufende Jahr bei gut 0,6, so die Angaben auf Marketscreener.
In den kommendne Jahren würde der Buchwert der Aktie noch etwas steigen, was wiederum zu einem Buchwert von ca. 0,55 führen könnte. Was nun zahlt die UniCredit?
Geht man zehn Jahre zurück, wird der Durchschnitts-KBV-Wert der Commerzbank bei ca. 0,7 liegen (oder etwas höher). Das wiederum bedeutet, die Aktie wäre im historischen Vergleich ca. 15 % zu günstig. Nach dieser Kennziffer könnte die Aktie durchaus an Kurse von 18,00 Euro herankommen, wenn es rein nach dem KBV ginge.
Das hat mit dem tatsächlichen Übernahmekurs hingegen wenig zu tun. Die sogenannten Übernahmeprämien liegen im Bankensektor historisch – bei wenigen Beispielen allerdings nur, was die Solidität der Zahlen verringert – bei zumindest 20 %.
Würde nun die UniCredit gleichfalls 20 % zahlen und vergleichsweise das KBV zu Rate ziehen, wäre ein Aufschlag um 15 % bis 20 % denkbar.
18 Euro sind daher sicherlich aus der reinen Bewertungssicht – und den soliden Finanzkennzahlen – eher die Untergrenze einer möglichen Übernahme-Vorgehensweise. Wenn die Übernahmeprämie hingegen höher ausfällt, beispielsweise auch aus strategischen Überlegungen und dem Zugang zum deutschen Privatkundengeschäft (bei fallen Zinsen, die wiederum den Immobilienmarkt interessant machen), sind auch 20 bis 22 Euro rechnerisch möglich.
Fazit: Die Gespräche laufen. Würde die UniCredit ernst machen und würde die Regierung in Deutschland tatsächlich aufgeben, dann errechnet sich ein neuer Zielpreis für die Commerzbank. Der Markt ist heiß.
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