Was musste die sonst so margenstarke Kreuzfahrtindustrie seit der Corona-Pandemie alles einstecken. Wegen Virus-Ausbrüchen auf den Schiffen landete die Branche früh negativ in den Schlagzeilen, dann brach durch die Reisebeschränkungen das Geschäft über mehrere Monate quasi vollständig weg.
Mit dem Fortschreiten der Impfkampagnen lassen Regierungen weltweit jedoch wieder mehr und mehr touristische Aktivitäten zu. Nachdem nur großzügige Staatshilfen das Überleben der großen Reedereien gesichert haben, wittert die Industrie nun Morgenluft.
Auch der stark gebeutelte Marktführer, die britisch-US-amerikanische Carnival Corporation, blickt nun hoffnungsfroh in die Zukunft, denn die Buchungen für ihre Luxus-Liner sind zuletzt wieder beträchtlich gestiegen.
Das Comeback von Carnival bewegt sich jedoch ähnlich träge wie die Dampfer selbst. Nach immer wieder verlängerten Auslauf-Stopps ist die Wiedereröffnungs-Euphorie seit Mitte Juni an den Börsen wieder verpufft. Ist der hochverschuldete Konzern ein sinkendes Schiff oder sollten sich mutige Anleger gerade wegen des derzeitigen Aufwärtspotenzials den Titel nicht entgehen lassen? Eine Kurz-Analyse.
Rettung in höchster Not
Seit gut einem Jahr wachsen die Schuldenberge der großen Kreuzfahrt-Reedereien rasant. Die durchschnittliche monatliche Cash-Burn-Rate liegt bei Carnival derzeit bei 500 Millionen Dollar. Den Mitbewerbern geht es nicht viel besser: Bei der Nummer zwei der Industrie, Royal Caribbean, fließen jeden Monat 300 Millionen Dollar an liquiden Mitteln ab.
Der Carnival-Konzern, zu dem auch die auf den deutschsprachigen Markt ausgerichtete Marke AIDA Cruises gehört, hat nun ein weiteres Quartal in tiefroten Zahlen hinter sich. Mit einem Minus von zwei Milliarden Dollar verbuchte das Unternehmen sogar mehr Verluste, als Analysten erwartet hatten.
Um die Mittelabflüsse zu finanzieren, ist viel geschehen: Carnival hat Betriebskosten reduziert, seine Fälligkeitsprofile verbessert und zusätzliches Kapital gesichert. Im Zuge einer pandemiebedingten Verkleinerung hat der Konzern in den letzten Monaten 19 seiner insgesamt 107 Schiffe verkauft oder stillgelegt.
Seit März 2020 hat der Kreuzfahrt-Riese insgesamt 23,5 Milliarden Dollar an Fremd- und Eigenkapital eingenommen. Bei ihren Kapitalmaßnahmen erhielten die großen Reedereien Unterstützung: Auf Initiative einiger Regierungen haben die Gläubiger-Banken Carnival und Co. großzügige Stundungen gewährt.
Ohne diese Hilfe hätten die internationalen Reeder sowie die von ihnen abhängigen Werften die Krise voraussichtlich nicht überstanden. Allein in Deutschland steht die Industrie für jährlich 6,6 Milliarden Euro Wertschöpfung und 48.000 Arbeitsplätze, die sonst in akute Gefahr geraten wären.
Übergangsjahr 2021
Seit Anfang des laufenden Jahres gibt es jedoch wieder positive Meldungen für Carnival: So hat die Nachfrage nach Kreuzfahrten kräftig zugelegt. In den drei Monaten bis Ende Februar allein sind die Buchungen gegenüber dem vorherigen Quartal um 90 Prozent gestiegen und nehmen seitdem weiter zu. Laut CEO Arnold Donald sind dafür vor allem die Stammkunden des Kreuzfahrt-Unternehmens verantwortlich. Der Carnival-Chef versichert, dass man bislang nur minimalen Werbe- und Marketingaufwand betrieben hätte.
Am Pfingstwochenende startete in Europa dank gelockerter Einschränkungen die Belebung von Teilen des Kreuzfahrt-Markts: Das AIDA-Schiff Aidasol und die „Mein Schiff 1“ von Carnival-Konkurrenz-Marke Tui Cruises sind von Kiel aus auf der Ostsee zu Kurzreisen aufgebrochen. Auch für Schiffe der Carnival-Tochter P & O Cruises gibt es schon konkrete Startpläne: Ab Ende September werden die Routen im westlichen Mittelmeer wieder befahren und nur vollständig Geimpfte dürfen mit an Bord sein.
Im bedeutenden Kernmarkt USA, wo Carnival die Hälfte seines Umsatzes macht, hat die Wiederinbetriebnahme der schwimmenden Hotels ebenfalls wieder begonnen – auch dort erst in Teilmärkten.
Dank eines Beschlusses der US- Gesundheitsbehörde CDC gelten die Kreuzfahrt-Beschränkungen seit gestern nur noch als Empfehlung. Daher stechen diesen Monat Carnival-Schiffe von mindestens zwei US-Häfen aus in See. Für den wichtigen Standpunkt Miami fehlt nur noch die Genehmigung des Staates Florida.
Im Laufe des Jahres sollte sich die Lage immer weiter entspannen, Marktführer Carnival dürfte überproportional von den Öffnungen profitieren. CEO Donald geht davon aus, dass bis Ende des Jahres die gesamte Flotte wieder im Einsatz sein kann. Bis die Schiffe Normalkapazität erreichen, dürfte es jedoch noch eine Weile dauern. Konkrete Prognosen zum erwarteten Passagieraufkommen im laufenden Geschäftsjahr gibt es nicht, da Carnival 2021 als Übergangsjahr betrachtet.
Carnival-Titel bleibt spekulativ
Was das Risiko-Rendite-Verhältnis für Anleger angeht, gibt es noch viele Fragezeichen: Wann kann Carnival den Dienst wieder vollständig aufnehmen? Welche Einschränkungen können während des Kreuzfahrt-Comebacks noch entstehen? Erst kürzlich wurde eine Karibik-Kreuzfahrt verschoben, weil zwei Passagiere positiv auf Covid-19 getestet wurden, obwohl sie wie alle anderen Teilnehmer vollständig geimpft waren. Solche Nachrichten werden auch in Zukunft die Branche belasten.
Wann Carnival an sein starkes Wachstum von 2019 anknüpfen kann, ist daher sehr fraglich – selbst wenn sich Kreuzfahrten schneller erholen sollten als der Rest der Reisewirtschaft.
Zudem bremsen auch die Schuldenberge das Revival der Kreuzfahrtindustrie: Die Reedereien fragen derzeit deutlich weniger neue Schiffe bei den Werften nach, was auch in den kommenden Jahren so bleiben wird. Wegen des pandemiebedingten Cash Burns wird ihr Geld erstmal in den Schuldenabbau fließen und nicht in Neubestellungen. Bis 2024 ist in der Industrie mit anhaltend hohem Verschuldungsgrad zu rechnen.
Wer jedoch an die Branche glaubt: Vom Kurs-Buch-Verhältnis her ist der Carnival-Titel derzeit recht günstig. Wenn Sie langfristig orientiert sind, können Sie sich die Kreuzfahrt-Aktie ins Depot legen. Es bleibt allerdings ein spekulativer Kauf.
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