Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktien der chinesischen Fahrzeughersteller BYD und NIO haben im zurückliegenden Monat die Rollen getauscht, zumindest an der Börse. Der lange Zeit erfolgreiche Platzhirsch BYD, mittlerweile größter Automobilhersteller in China, konnte in den zurückliegenden gut vier Wochen gerade so seinen Börsenwert verteidigen, notiert an der Nasdaq aktuell bei knapp 44 US-Dollar. Die Nio-Aktie hingegen verbesserte sich um rund 20 Prozent auf 10,62 Dollar. Daran änderte auch die offensichtliche Enttäuschung mancher Beobachter ob einer Verzögerung in technischer Hinsicht nichts. Die Revolution in der Batterie-Technologie kommt. Später dann, auch bei BYD.
NIO-Chef sagt nichts zur Semi-Feststoffbatterie
„Heiß erwartetes Event enttäuscht – keine frischen Impulse für die Aktie“, titelte das Anlegermagazin Der Aktionär nach dem NIO Power Day am Donnerstag. Denn Investoren hätten sich vor allem Neuigkeiten bezüglich des Semi-Solid-State-Batteriepakets, an dem der Autobauer arbeitet, erhofft. Im Mai noch habe NIO-CEO William Li angekündigt, dass dieses im Juli erhältlich sei. „Das Batteriepaket wäre ein erster Schritt in Richtung Feststoffbatterie gewesen, an der zahlreiche Batterie- und Autobauer forschen“, so der Bericht.
- Die Akkus zeichnen sich unter anderem durch eine höhere Energiedichte sowie eine schnellere Ladezeit aus
- Die Technologie soll Elektroautos eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometer ermöglichen
Ursprünglich war das Semi-Solid-State-Batteriepaket (auf einer Seite des Separators wird ein fester Elektrolyt eingesetzt, auf der anderen ein flüssiger) von NIO bereits für 2022 angekündigt worden. Doch daraus wurde nichts. Anfang Juli war dann ein Benutzerhandbuch zum ES6 (hierzulande als EL6 vertrieben) in chinesischer Sprache aufgetaucht, in dem der lange erwartete 150-kWh-Akku in einer tabellarischen Übersicht auftaucht. Ist es jetzt endlich soweit? Von wegen.
Andere Neuigkeiten auf dem NIO Power Day
Stattdessen fokussierte sich NIO-Präsident Qin Lihong bei seiner Präsentation auf eine neue Vehicle-to-Grid-Ladesäule (V2G), die es demnach ermöglicht, E-Autos als Energiespeicher zu nutzen. Dadurch können Fahrzeuge mit dem Stromnetz interagieren, so dass diese Strom beziehen können, wenn das Netz nicht ausgelastet ist, und Strom abgeben können, wenn die Netzauslastung hoch ist, heißt es bei den IT Times.
Das Unternehmen habe am 20. Juli zudem damit begonnen, den Besitzern die Möglichkeit zu geben, ihre Batteriepakete mit Standardreichweite täglich auf eine große Reichweite aufzurüsten „NIO nannte allerdings keine weiteren Details zu seinem 150-kWh-Semi-Solid-Batteriepaket“, hieß es auch hier enttäuscht.
BYD und was Warten auf Natrium-Ionen-Akkus
Doch auch bei BYD folgt auf eine in anderer Form revolutionär anmutende Ankündigung aus dem April bislang – nichts. Es geht um den vollelektrischen Kleinwagen BYD Seagull, der sich in China offenbar steigender Beliebtheit erfreut. Das vermeintlich Besondere: „Auf Wunsch erhalten Interessierte den elektrischen Stadtflitzer wohl auch mit neuen Natrium-Ionen-Akkus“, hieß es vor einem Vierteljahr.
NI-Akkus kommen im Gegensatz zu herkömmlichen LFP-Akkus ohne die kritischen Rohstoffe Lithium, Kobalt und Nickel aus. Die geringerere Energiedichte gleichen sie durch niedrigere Kosten und eine schnellere Ladegeschwindigkeit aus. Nun ja, wenn sie denn mal erhältlich sind.
BYD Seagull weiter nur mit LFP-Blade-Akku
Doch danach sieht es ebenfalls nicht aus. Die in China in der Preisspanne von umgerechnet 10.200 bis 12.400 US-Dollar angebotenen Modelle des BYD Seagull sind laut carnewschina.com in der höchsten Ausstattungsvariante derzeit mit einem 38,88-kWh-Akku ausgestattet. „Die anderen beiden Konfigurationen nutzen einen 30,08-kWh-Akku. Beide Optionen nutzen einen LFP-Blade-Akku“, heißt es. Vom Natrium-Ionen-Akku ist bislang keine Rede. Dem Erfolg tut das laut des Berichts aber offenbar keinen Abbruch.
- der BYD Seagull war im Debütmonat April 1.500 Mal verkauft worden
- im Mai verzeichnete der Stromer einen Absatz von 14.300 Einheiten
- dieser stieg im Juni um 60 Prozent auf 23.005 Verkäufe an
BYD will NI-Akku-Technologie vorantreiben
In der alternativen Akku-Technologie aber sieht der Konzern offenbar einen wichtigen Zukunftsmarkt: BYD werde eine Produktionsstätte für Natrium-Ionen-Batterien in China errichten, meldet das Fachportal elektrive.net im Juni. In Kooperation mit einem Partner wolle BYD gar „zum weltweit größten Anbieter von Natrium-Batteriesystemen für Kleinstfahrzeuge bringen“, wie es hieß. Daher habe BYDs Batterietochter FinDreams bereits eine strategische Kooperationsvereinbarung mit dem chinesischen Mischkonzern Huaihai Holding Group unterzeichnet. Infos zum Zeitplan gingen aus einer Pressemitteilung von Huaihai aber wohl nicht hervor.
Und so sind die Anleger bei BYD zuletzt vorsichtiger geworden. Mittelfristig aber ist die Aktie des etablierten und längst profitablen Konzerns derjenigen von NIO weit voraus. BYD steigerte im vergangenen Halbjahr seinen Börsenwert um immerhin knapp 15 Prozent, während die Aktie des hoch defizitären Start-ups NIO in diesem Zeitraum in ähnlicher Größenordnung abgab.
Bei Kurszielen ist BYD Wettbewerber NIO voraus
Und auch die Analysten schauen in ihren Prognosen zuversichtlicher auf den Großkonzern. Mit einem Kursziel von im Mittel umgerechnet 44,50 US-Dollar erkennen derzeit 25 Analysten bei der BYD-Aktie ein Kurspotenzial von rund 30 Prozent. Für NIO sehen 28 Experten eine Bewertung von 11,40 Dollar als fair an, keine acht Prozent über dem aktuellen Kursstand.
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