Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktien der so unterschiedlichen, chinesischen Fahrzeughersteller BYD und NIO haben sich zuletzt auch ganz unterschiedlich entwickelt. Doch anders noch als in der ersten Jahreshälfte, hat nicht der Platzhirsch die Nase vorn, sondern der Newcomer. Will heißen: Während die NIO-Aktie sich auf hohem Niveau noch recht stabil zeigt, gerieten die Papiere von BYD zunehmend unter Druck. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Operativ erfolgreich waren zuletzt beide Hersteller: Sie meldeten jeweils einen Auslieferungsrekord aus dem Juli, genutzt hat es nur einem.
BYD meldete erneut Rekordabsatz im Juli
Denn obwohl BYD im Juli nach eigenen Angaben 262.161 Fahrzeuge ausgeliefert hat, wie gleich am 1. August bekannt wurde, und damit so viele wie noch nie zuvor innerhalb eines Monats, führte das nicht zu einem Kursanstieg. Im Gegenteil: Am 31. Juli in der Spitze noch bei 36,27 US-Dollar gehandelt, knickte die BYD-Aktie zum Monatsanfang auf 35,18 Dollar ein, nach kurzer Erholung verloren die Anteilscheine sogar noch weiter an Wert, rutschten am Dienstag sogar wieder unter die Marke von 33 US-Dollar.
Dabei hatte der mittlerweile größte Autobauer Chinas seine Zahlen gegenüber dem Vormonat Juni, als 253.046 Auslieferungen vermeldet worden waren, um immerhin knapp vier Prozent gesteigert. Zum Juni 2022, als 162.530 Fahrzeuge einen Abnehmer fanden, entsprach dies einem Zuwachs von mehr als 60 Prozent. Wie ist der deutliche Kursrückgang um rund 12 Prozent seit Monatsanfang zu erklären?
- Waren die Anleger darüber enttäuscht, dass BYD nicht, wie in den Vormonaten, die Absatzzahlen im Jahresvergleich ungefähr verdoppelt hatte?
- Ist damit das Ziel des Konzerns, in diesem Jahr mindestens 3,0 Millionen Fahrzeuge auszuliefern, in Gefahr geraten?
BYD hat sogar BMW weltweit überholt
Im ersten Halbjahr 2024 hatte BYD laut Münchner Merkur 1,3 Millionen Elektro-Fahrzeuge ausgeliefert – zur 3-Millionen-Marke fehlt also noch ein gutes Stück. Insgeheim hatte Firmenchef Wang Chuanfu sogar 3,6 Millionen Verkäufe als Ziel ausgerufen. Mit der abgesetzten Stückzahl aber hatte BYD damit im ersten Halbjahr tatsächlich BMW überholt, die Münchner hatten zwischen Januar und Juni demnach lediglich 1,2 Millionen Fahrzeuge abgesetzt.
Fraglos ein Erfolg: „Die Chance, dass BMW in Zukunft wieder vor BYD liegt, dürfte null sein“, wird Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) zitiert. Zudem: Der Nettogewinn von BYD dürfte laut Medienberichten im ersten Halbjahr 2024 bei umgerechnet bis zu 1,46 Milliarden Euro liegen.
NIO verdoppelt Auslieferungszahlen
Von solchen Dimensionen kann NIO nur träumen, von Profitabilität ganz zu schweigen. An der Börse allerdings ist das chinesische Start-up obenauf. Sicherlich: Auch die Papiere des aufstrebenden Herstellers elektrischer Premium-Pkw haben in den vergangenen Tagen deutlich abgegeben, von in der Spitze 16,17 US-Dollar auf aktuell noch knapp 14 US-Dollar. Damit allerdings notiert die NIO-Aktie auf den Monat gesehen noch immer mit satten 40 Prozent im Plus. Insbesondere die von Peking Ende Juli angekündigten Förderungsprogramme hatten die NIO-Aktie mit nach oben gespült.
Doch auch das Unternehmen selbst sorgte vor gut einer Woche für positive Schlagzeilen. Nachdem NIO zwischen Februar und Mai Monat für Monat weniger E-Autos ausgeliefert hatte (zuletzt brachte man lediglich noch 6155 Fahrzeuge auf die Straße), schaffte man im Juni mit 10.707 Auslieferungen den Turnaround. Der Juli allerdings sollte dies noch einmal deutlich übertreffen, war dann, wie beim großen Rivalen BYD, ein Rekordmonat:
- Demnach wurden im vergangenen Monat insgesamt 20.462 NIO-Fahrzeuge abgesetzt, so viele wie nie
- Dies entspricht laut NIO einem Zuwachs von 103,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat
- Selbst im Vergleich zum Juni bedeutete dies fast eine Verdopplung (plus 91 Prozent)
NIO über den Kurszielen, BYD hat noch Luft
Die Analysten hat die Gesamtentwicklung offenbar mächtig überrascht: Sie hatten in den zurückliegenden Monaten ihre Kursziele für die NIO-Aktie im Mittel immer weiter zurückgefahren; laut marketscreener.com von umgerechnet 31 US-Dollar noch vor einem Jahr auf gut 11-US-Dollar Ende Juli. Die ersten Beobachter haben ihre Schätzung nach dem gewaltigen Sprung zum Monatsende mittlerweile nach oben angepasst, mit einem fairen Wert von nun 13 Euro liegen sie im Durchschnitt allerdings noch immer um einen Dollar unter dem aktuellen Kursstand – trotz der jüngsten Kurskorrektur der Aktie.
Während die Analysten bei NIO also im Mittel keinen Spielraum nach oben sehen, ist das bei BYD anders. Nachdem die derzeit 25 Experten, die den Titel beobachten, ihre Prognosen zuletzt ebenfalls leicht erhöht haben, liegt das Kursziel für die Papiere bei aktuell knapp 45 US-Dollar. Sie erkennen bei der BYD-Aktie somit ein Aufwärtspotenzial von gut einem Drittel. Entsprechend lauten auch die Empfehlungen:
- 16 Analysten würden die Aktie im Moment kaufen
- Sieben raten immerhin, den Bestand aufzustocken
- Zwei Experten plädieren auf Halten der BYD-Aktie
- Eine Verkaufsempfehlung liegt aktuell keine vor
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