Liebe Leserin, lieber Leser,
NIO ist in zuletzt etwas Außergewöhnliches gelungen: Mit einem Plus von 16 Prozent aus den vergangenen sieben Handelstagen auf mehr als 10 US-Dollar ließ die Aktie des chinesischen E-Auto-Start-up die Papiere des größten chinesischen Fahrzeugkonzerns BYD weit hinter sich. Die Anteilscheine des etablierten Wettbewerbers legten seit Donnerstag zwar von 31,23 auf aktuell 33,10 US-Dollar zu. Da die BYD-Aktie zuvor massiv unter Druck geraten war, reicht es im gleichen Zeitraum jedoch nur zu einem mageren Plus von knapp zwei Prozent. Dabei gebührt allein dem Platzhirsch ein erneuter Absatzrekord. NIO kann davon nur träumen.
NIO noch weit weg von Bestmarken
Sicherlich: Der ebenso ambitionierte wie defizitäre Elektroauto-Hersteller hat seine Absätze im Monatsvergleich deutlich gesteigert. Am 1. Juli gab NIO die Auslieferung von 10.707 Fahrzeugen im Juni 2024 bekannt, was einem Wachstum von 74 Prozent gegenüber dem Vormonat entspricht. Dies allerdings ist allein der Tatsache geschuldet, dass dieser so miserabel lief:
- Lediglich 6155 Fahrzeuge hatte NIO im Mai 2024 ausgeliefert
- Das waren deutlich weniger als die 7024 Exemplare im Vorjahresmonat
- Doch auch der Juni war im Vergleich zum Vorjahr kein Ruhmesblatt
12.961 E-Autos hatte NIO im Juni 2022 weltweit auf die Straße gebracht, der Rückgang beträgt somit gut 17 Prozent. Und auch zu den 12.157 ausgelieferten E-Autos aus dem Februar ist es noch ein gutes Stück hin. Die Anleger scheinen dennoch beruhigt, dass NIO nach drei Monaten mit rückläufigen Verkaufszahlen nun die Trendwende geschafft zu haben scheint. Von einem Rekord ist der Hersteller mit den zuletzt veröffentlichten Zahlen allerdings weit entfernt.
BYD mit neuem Absatzrekord
Das ist bei BYD anders: Nachdem der chinesische Batterie- und Fahrzeugproduzent im Mai mit 238.643 verkauften Elektroautos und Plug-in-Hybriden eine neue Monatsbestmarke aufgestellt hatte, setzte der Konzern im Juni noch einen drauf. Laut Medienberichten lieferte BYD insgesamt 253.046 NEV-Fahrzeuge aus. Das waren gut fünf Prozent mehr als im Monat davor. Wirklich beeindruckend aber sind die Steigerungszahlen zum Vorjahr:
- Damals hatte der Hersteller 134.036 verkaufte Einheiten gemeldet
- BYD steigerte den Absatz im Jahresvergleich damit um knapp 90 Prozent
- Plug-in-Hybride und Elektroautos machten jeweils rund die Hälfte aus
Auch im Bereich der kommerziellen Fahrzeuge, lange Zeit ein eher schwieriges Segment für BYD, geht es voran. Laut des Branchendienstes IT Times waren im Juni Insgesamt 272 Einheiten über das Segment Elektrobusse ausgeliefert worden, gegenüber dem Juni 2022 mit 133 Verkäufen mehr als eine Verdopplung. „Andere NEV-Fahrzeuge machten indes im Berichtszeitraum 1.089 Einheiten aus (Vormonat: 579 Units), im Vorjahr wurden 141 Einheiten ausgeliefert“, so der Bericht.
BYD strebt 2024 mindestens drei Millionen Verkäufe an
Im zweiten Quartal 2024 verkaufte BYD somit insgesamt 703.561 NEVs, 98 Prozent mehr als im Vorjahr und 27 Prozent mehr als im ersten Quartal 2024. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, wären die vom Konzern angepeilten mindestens drei Millionen Verkäufe in diesem Jahr realistisch, denn im zweiten Halbjahr gehen die Absatzzahlen in China traditionell deutlich nach oben. Keine große Überraschung, dass die Aktienmärkte auf die neuesten Zahlen positiv reagierten. Zum großen Sprung allerdings reichte es nicht.
Dies könnte auch an den weiterhin mauen Verkaufszahlen außerhalb Chinas liegen. Das Übersee-Verkaufsvolumen von BYD erreichte laut der IT Times im Juni 10.536 ausgelieferte Fahrzeuge. Das bedeutet zwar ein leichtes Plus zum Vormonat mit 10.203 Einheiten, doch im April waren einst 14.827 Fahrzeuge exportiert worden. Zur Einordnung: Die Pkw-Auslieferungen erreichten bei BYD im ersten Halbjahr 1,25 Millionen Einheiten, wobei der Gesamtabsatz in Übersee bei lediglich 74.300 Fahrzeugen lag.
BYD und NIO in Deutschland weiter Exoten
Auch wenn BYD im Heimatland inzwischen VW als absatzstärkste Marke abgelöst hat, tut sich der Hersteller insbesondere in Europa weiter schwer. Im Mai fanden in Deutschland lediglich 54 E-Autos aus Shenzhen einen Abnehmer. Der aufstrebende Konkurrent NIO hat hierzulande ähnlich überschaubare Zahlen: Nur 44 Premium-Modelle kamen im Mai neu auf die bundesweiten Straßen. Die Daten des Kraftfahrzeugbundesamtes aus dem Juni liegen derzeit noch nicht vor. Ob es positive Überraschungen geben wird?
NIO jedenfalls betreibt für einen möglichen Erfolg einen enormen Aufwand. Ende Juni etwa haben die Chinesen ihre zweite Batteriewechselstation in Nordrhein-Westfalen eröffnet. Die Power Swap Station (PSS) in Dorsten nahe der A33 ist neben einer in Hilden und einer in Zusmarshausen (Bayern) die insgesamt dritte im Land. Am Dienstag hat NIO nun zudem offiziell sein 1.500 Quadratmeter großes Innovation Center in Berlin eröffnet. In Europas erstem NIO F&E Zentrum werden laut Mitteilung ab sofort fünf verschiedene Teams an der Softwareentwicklung für NIO-Produkte und -Technologien arbeiten.
BYD schlägt NIO beim Kursziel
Und wie bewerten die Analysten die Chancen der beiden so unterschiedlichen Fahrzeughersteller? Während bei BYD die Zuversicht zuletzt wuchs, schraubten die Experten ihre Erwartungen bei NIO immer weiter zurück. Von umgerechnet 55 US-Dollar als durchschnittliches Kursziel für die Nio-Aktie Anfang 2021 blieben laut marketscreener.com aktuell kümmerliche 11,05 Dollar übrig.
- Wenngleich die meisten weiterhin zum Kauf raten, ist das Kurspotenzial nach dem zuletzt guten Lauf mit gut 10 Prozent äußerst bescheiden.
- Mit einem Kursziel von 43,65 US-Dollar trauen die Experten der BYD-Aktie im Schnitt hingegen einen Anstieg um rund 30 Prozent zu
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