Bei BYD ist der Name derzeit wieder Programm: Das Kürzel steht für „Build Your Dreams“ und so lädt der chinesische E-Auto-Titel Aktionäre zum Träumen ein. Nach einer starken Frühjahrs-Korrektur und dem Tief Mitte Mai hat der Aktienkurs des Unternehmens wieder rasant um zwei Drittel zugelegt und notiert derzeit knapp unter 25 Euro.
An der Börse ist das Elektro-Start-up damit wieder mehr wert als etwa der deutsche Autobauer BMW. Zum Allzeithoch hat der BYD-Titel jedoch immer noch Luft. Es stellt sich somit die Frage: Lohnt sich bei den Chinesen jetzt noch der Einstieg oder droht dem „Traum-Konzern“ schon bald ein böses Erwachen?
Subventionierter Mischkonzern will Europa erobern
Klar ist: Der E-Fahrzeug-Hersteller ist ganz anders zu bewerten als seine heimischen Konkurrenten Nio und Xpeng. Denn während Nettogewinne bei Letzteren noch nicht in Sicht sind, agiert BYD schon seit einigen Jahren profitabel – und zwar in mehreren Bereichen.
Das 1995 von Wang Chuanfu gegründete Unternehmen ist heute ein gestandener, Milliarden-schwerer Mischkonzern, der sich in drei Geschäftsfelder aufteilt: die Automobilsparte, ein angegliedertes Batterie- und Solarsegment sowie die eigenständige Holding „BYD Electronics“ für Smartphone-Bauteile. Komponenten wie Halbleiter und Akkus erhält der Autobauer somit aus erster Hand – ein Wettbewerbsvorteil, besonders in Zeiten knapper Rohstoffe und Vorprodukte.
Nutzfahrzeuge gehören ebenfalls zum Kerngeschäft der Chinesen. Im Bereich elektronischer Linien- und Reisebusse ist BYD sogar Weltmarktführer. Die Deutsche Bahn hat bereits Elektrobusse der Marke bestellt. Außerdem stellt der Elektro-Konzern weitere Vehikel her wie Müllwagen oder Gabelstapler.
Hierzulande kann man BYDs jedoch noch nicht kaufen, da sich das Unternehmen bislang auf den heimischen Markt konzentriert hat. Die chinesische Regierung hat ambitionierte Pläne für die Elektrifizierung des Straßenverkehrs und unterstützt die heimischen Firmen mit üppigen Subventionen. 2025 sollen Elektrofahrzeuge ein Fünftel der Verkäufe ausmachen, zehn Jahre darauf den Gesamtmarkt bereits dominieren.
Da der weltweite Absatz von E-Autos nach dem Corona-Ausbruch wieder kräftig wächst und viele Länder strikte Klimaziele ausrufen, wird auch der internationale Markt für BYD immer wichtiger. So wollen die Chinesen noch in diesem Jahr in Europa Fuß fassen.
Für den Markteintritt hat sich der fernöstliche Hersteller Norwegen ausgesucht. Staatliche Zuschüsse sorgen dafür, dass in dem skandinavischen Land bereits heute mehr Stromer als Verbrenner zugelassen werden. Hinzu kommt, dass es dort keine angestammte Konkurrenz für den Newcomer gibt. Sollte der Markteinstieg in Norwegen gelingen, ist Kontinentaleuropa das nächste Ziel der Chinesen.
Stabiles Wachstum in Aussicht
Was zunächst verblüfft: Trotz Corona hatte BYD vergangenes Jahr ein stabiles Wachstum vorzuweisen. Der Umsatz stieg um 19 Prozent auf umgerechnet 19,5 Milliarden Euro. Den Nettogewinn hat der Konzern dabei auf 540 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Im ersten Quartal 2021 hat der E-Autobauer Umsatz und Gewinn sogar verdoppelt.
Die Zugewinne relativieren sich jedoch, da die Zahlen in den Vergleichszeiträumen 2019 bzw. Q1 2020 rückläufig waren. Hinzu kommt: Im Zuge der Subventionen für die chinesische E-Automobilindustrie erhielt der Konzern Anfang des Jahres eine 60-Millionen-Euro-Zuwendung aus Peking.
Die Aussichten für das laufende Geschäftsjahr klingen derweil sehr vielversprechend: Analysten erwarten, dass der Umsatz um 28 Prozent auf 25 Milliarden Euro steigt, der Nettogewinn um 23 Prozent auf 660 Millionen Euro. Bis 2024 prophezeien die großen Bankhäuser im Schnitt ein Umsatzwachstum von 55 Prozent. Ihr durchschnittliches 12-Monats-Kursziel liegt derzeit mehr als 30 Prozent über dem aktuellen Preis der Aktie.
Der Traum geht weiter
Derzeit spricht einiges dafür, dass sich das solide Wachstum von BYD in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Insbesondere auf dem Heimatmarkt schreitet die Elektrifizierung von PKWs rasant voran. Gleichzeitig besitzt das Geschäft mit Nutzfahrzeugen für die chinesische Marke jede Menge Potenzial. Die globale Knappheit bei Halbleitern wird dem Konzern dank eigener Chip-Produktion hingegen keine Sorgen bereiten.
Die Batteriesparte von BYD kann sich zudem als Zulieferer für andere Hersteller lukrative Geschäfte versprechen: Insidern zufolge plant der US-amerikanische Tech-Riese Apple die Herstellung eigener E-Autos und verhandelt derzeit mit BYD über die Lieferung von Akkus.
Die Markteinführung in Norwegen wird für die Chinesen richtungsweisend sein. Das stark subventionierte Unternehmen muss sich in der freien Wirtschaft erst noch beweisen. Für dieses Ziel befindet sich BYD aber voll in der Spur – und könnte sich gemäß Firmenmantra schnell zum Anlegertraum entwickeln.
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