Liebe Leserin, lieber Leser,
so mancher Experte warnt seit langem vor einer Flut an chinesischen Elektroautos, die Europa überschwemmen werden. Angesichts der im Vergleich zum Heimatland sehr hohen Preise, zum Teil nehmen die Hersteller hierzulande glatt das Doppelte, sind die Verkaufszahlen allerdings noch sehr überschaubar. Das gilt auch für den größten Autoproduzenten BYD, der in China längst VW von der Spitze der Zulassungsliste verdrängt hat. In Europa wird das eher nicht gelingen. Dass BYD aber bald deutlich mit seinen Verkäufen zulegen könnte, dafür gibt es nun ein weiteres Anzeichen: Der Konzern hat jetzt einen eigenen Auto-Transporter auf Kiel gelegt. Und er ist riesig.
BYD mit eigenem Auto-Transporterschiff
„So flutet BYD die Welt mit E-Autos“, titelt das Fachmagazin Auto, Motor und Sport (AMS) – und zeigt ein Bild vom Frachter, der bis zu 7.700 Fahrzeuge aufnehmen könne und kürzlich seine Jungfernfahrt über sieben Tage absolviert habe. „Gerüchte über den Bau eines eigenen Ro-Ro-Schiffs (Roll-on / Roll-off) für BYD gibt es bereits seit Jahren“, so der Bericht. Die erste Bestätigung erfolgte demnach im Oktober, als chinesische Medien über einen entsprechenden Auftrag berichteten. Nun habe die Explorer 1 ihren ersten Test-Törn in Yantai erfolgreich absolviert.
Nach AMS-Informationen hat BYD insgesamt sogar acht Schiffe im Wert von umgerechnet rund 640 Millionen Euro in Auftrag gegeben, zwei weitere seien optional bestellbar. Das erste Modell misst demnach 199,9 Meter in der Länge und 38 Meter in der Breite. „Das neue BYD-Auto-Transporterschiff scheint in Bezug auf die effiziente Platzausnutzung zu punkten“, so der Bericht. In der Regel nämlich fassten Ro-Ro-Schiffe gleicher Dimension nur rund 6.000 Fahrzeuge. Die Investition in die Transportschiffe jedenfalls gehe „Hand in Hand mit dem wachsenden Marktanteil des chinesischen Autobauers im Ausland“.
BYD weltweit aktiv, auch in Deutschland
In der Tat ist BYD mittlerweile in über 50 Übersee-Märkte eingetreten, unter anderem Japan, Australien, Singapur, Thailand und Brasilien, wo die Absatzzahlen zwar steigen, allerdings noch auf sehr geringem Niveau. Aus dem Exportgeschäft stammten zuletzt laut Medienberichten sieben Prozent der Gesamtverkäufe des Herstellers. Auch in Deutschland zeigt sich laut Kraftfahrtbundesamt eine steigende Tendenz:
- im September wurde 196 Zulassungen registriert
- diese waren im Oktober auf 226 angestiegen
- im November setzte BYD bereits 350 E-Autos ab
Insgesamt brachte der chinesische Hersteller seit Anfang des Jahres damit insgesamt 3438 Fahrzeuge auf die bundesweiten Straßen. Das waren laut Kraftfahrtbundesamt jedoch gerade einmal 0,1 Prozent aller in Deutschland zwischen Januar und November zugelassenen Pkw. Eine Flut sieht zweifellos anders aus. Doch BYD arbeitet daran, dass sich das ändert.
So will BYD mittelfristig auch in Europa produzieren, der Konzern favorisiert einem Medienbericht zufolge Ungarn als Standort. Intern sei die Entscheidung gefallen, dass die Autofabrik dort entstehen solle, schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Anfang November. Das Blatt hatte sich auf nicht näher genannte Quellen aus dem Umfeld des Unternehmens bezogen. BYD erklärte auf Anfrage von Reuters jedoch, dass die Standortsuche noch laufe und eine Entscheidung Ende des Jahres bekanntgegeben werden solle.
BYD baut Fabriken in Brasilien
In Brasilien hingegen sind die ersten Fabriken von BYD auf einem ehemaligen Ford-Industriegelände bereits in Bau: laut elektrive.net eine für die Fertigung von Elektro- und Hybridautos, eine für Fahrgestelle von E-Bussen und -Lkw sowie eine dritte, die Lithium und Eisenphosphat für den internationalen Markt verarbeiten wird.
Der Betrieb der Anlagen soll der regionalen Regierung zufolge in der zweiten Hälfte 2024 aufgenommen werden, heißt es in dem Bericht. Das Pkw-Werk werde auf eine Jahreskapazität von 150.000 Elektro- und Hybridautos ausgelegt, die bei Bedarf auf 300.000 Einheiten verdoppelt werden könnte. Eine Batterieproduktion in Chile ist darüber hinaus in Planung. Von zusätzlichen Produktionskapazitäten im Heimatland China ganz zu schwiegen.
Neues Kursziel aus Australien
Auf Analystenseite wird all das wohlwollend registriert: BYD scheine mit seinen günstigen Kostenfaktoren und fortschrittlichen Batterietechnologie, „einer der großen Gewinner der Elektrifizierung in der Autobranche zu sein“, ließ die australische Investmentbank Macquarie in der vergangenen Woche wissen. Zudem sollten die Erträge in den nächsten zwei bis drei Jahren durch das Exportwachstum angekurbelt werden.
- In der Folge nahm das Institut die BYD-Aktie mit einem „Outperform“-Rating und einem Kursziel von 310 Honkong-Dollar auf
- Mit umgerechnet 40 US-Dollar sieht die australische Bank also noch ordentlich Kurspotenzial bei den Papieren
Aktienrückkauf soll BYD-Aktie stützen
Sollte all das zu einem dauerhaften Kursanstieg nicht reichen, so will man im Konzern selbst etwas nachhelfen: So hat BYD kürzlich zudem ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt. Der Konzern wird laut Medienberichten eigene Aktien im Wert von 200 Millionen Yuan (umgerechnet etwa 28 Millionen US-Dollar) erwerben. BYD-CEO Wang Chuanfu erklärte demnach, man wolle damit das Vertrauen der Anleger stärken und den Unternehmenswert stützen.
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