Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn man gnädig gestimmt ist, könnte man die zurückliegende Woche an der Börse für BYD erfolgreich nennen: Bei 26,80 US-Dollar am vorvergangenen Wochenende an der Nasdaq aus dem Handel gegangen, stehen nun bei der Aktie des chinesischen Batterie- und Fahrzeugkonzern 27,30 Dollar auf dem Kurszettel, ein Plus von knapp 1,8 Prozent. Am Donnerstag aber notierte die BYD-Aktie zwischenzeitlich bei 29,20 Dollar, hat seitdem wieder massiv abgegeben. Und auch die Probleme des Konzerns werden nicht kleiner, egal wie selbstbewusst man auftritt.
BYD träumt von hohem Marktanteil
Denn in dieser Woche äußerte sich der für Europa zuständige Manager von BYD im Gespräch mit der Automobilwoche – und hielt an den zuvor gesteckten, ehrgeizigen Zielen fest: Noch bevor das in Ungarn geplante BYD-Werk 2026 in Betrieb gehen soll, will der Hersteller bei Elektroautos einen europaweiten Marktanteil von fünf Prozent erreichen, sagte Michael Shu laut Medienberichten im Interview. Die Sache aber hat einen Haken: BYD hat 2023 in Europa nur 15.644 Autos ausgeliefert. Das sei „eine gute Zahl“, behauptet der Europa-Manager. Doch die Realität ist eine andere.
Bei 1,54 Millionen verkauften Elektroautos, die der der europäische Automobil-Herstellerverband ACEA im Januar fürs Gesamtjahr vermeldet hatte, kommt BYD somit auf einen Anteil von rund einem Prozent. Wie er diese Zahl innerhalb von zwei Jahren verfünfachen will, verriet Michael Shu nicht. Man fange gerade erst in Europa an und entdecke, wie die Verbraucher hier auf die BYD-Technologie, -Produkte und -Dienstleistungen reagieren, versuchte er sich in einer Erklärung. Allerdings:
- In Deutschland können die Verantwortlichen von BYD nicht gut hingeschaut haben
- Der ohnehin bescheidene Absatz aus dem Vorjahr brach zum Jahresstart endgültig ein
Im Februar in Deutschland 94 Autos abgesetzt
Gerade einmal 4139 Elektroautos hatte BYD 2023 laut offizieller Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamts insgesamt auf bundesdeutsche Straßen gebracht. Der Dezember 2023 war dabei der stärkste Monat mit 701 Zulassungen, darunter entfielen 555 Verkäufe auf das Modell BYD Atto 3. Doch dann folgte ein Einbruch um 80 Prozent, als im Januar nur noch 139 Zulassungen verzeichnet wurden. Im Februar fanden sogar nur noch 94 E-Autos des Herstellers hierzulande einen Käufer, trotz satter Rabatte.
Der entscheidende Punkt: BYD verlangt in Europa für seine Autos noch immer annähernd Preise, die auch der VW-Konzern für seine Elektromodelle aufruft. So schlägt selbst der vergünstigte BYD Atto 3 laut carwow.de noch immer mit mindestens 37.990 Euro zu Buche, der vergleichbare ID.3 von Volkswagen wird für 39.995 Euro angeboten. Eine Ersparnis von rund 2000 Euro reicht den meisten Verbrauchern offensichtlich nicht, um von einer etablierten Marke auf ein chinesisches Modell umzusteigen.
MG macht BYD vor, wie es geht
Wie man es besser macht, beweist MG: Die ehemalige britische Kultmarke, die längst zur chinesischen SAIC Motor Corporation gehört, setzte im vergangenen Jahr 21.232 Elektroautos in Deutschland ab, gut fünf Mal mehr als BYD. Im Februar 2024 verzeichnete der Hersteller laut Kraftfahrtbundesamt 1986 Zulassungen, das war sogar das Zwanzigfache gegenüber BYD. Der Erfolg ist einfach zu erklären: Das mit Abstand meistverkaufte Modell, der MG4, wird für 31.990 Euro angeboten. Noch wichtiger:
- Nach carwow-Angaben lässt sich der Stromer mit 170 PS und 350 Kilometer Reichweite (WLTP) bereits ab 199 Euro leasen
- Beim VW ID.3 werden demnach mindestens 282 Euro fällig, für den BYD Atto 3 gar 355 Euro
- So lässt sich im harten Wettbewerb und mit gestrichenen Subventionen freilich kein Blumentopf gewinnen
Weltweit brechen BYD-Verkaufszahlen ein
Doch auch weltweit zeigt sich bei BYD eine besorgniserregende Tendenz: Im Februar hatte der Konzern global nur noch 122.311 Fahrzeuge abgesetzt, fast 40 Prozent weniger als im Januar mit 201.493 Verkäufen. Doch gegenüber dem Dezember 2023 war auch diese Zahl schon erschreckend: 341.043 Autos hatte BYD, insbesondere durch massive Rabatte auf dem Heimatmarkt, damals auf die Straßen gebracht und das ersehnte Ziel von erstmals mehr als 3 Millionen Auslieferungen innerhalb eines Jahres gerade so erreicht.
Rächt sich der Aktionismus jetzt? Denn die Februar-Zahlen lagen im Vergleich mit dem Vorjahresmonat, als noch 193.655 Einheiten ausgeliefert worden waren, ebenfalls um 37 Prozent zurück. Kurzum: Sie waren eine einzige Katastrophe.
Citi-Group mit mutigem Kursziel – mal wieder
Das hält die Analysten der Citi-Group nicht davon ab, jetzt auf eine Trendwende zu hoffen. „Sie gehen davon aus, dass sich BYDs Verkaufsvolumen in China in diesem Monat auf 280.000 Einheiten erholt und weltweit insgesamt 320.000 Einheiten verkauft werden“, meldete der Aktionär am Dienstag. Das wäre eine annähernde Verdreifachung zum Februar.
- In der Folge haben die Analysten ihr Kursziel von 463 Hongkong-Dollar bestätigt
- Das entspricht umgerechnet aktuell 59,17 US-Dollar
- Dafür müsste sich die BYD-Aktie im Wert weit mehr als verdoppeln
Doch wie realistisch ist das? Die Anleger hatten zunächst positiv auf diese Einschätzung reagiert, was auch den zwischenzeitlichen Kursanstieg auf erwähnte 29,20 US-Dollar erklärt. Doch Vorsicht: Im Sommer 2022 sagten die Analysten der Citi auf mittlere Frist einst noch einen Kurs für die BYD-Aktie von knapp 82 US-Dollar voraus. Und was passierte? Von 35,50 US-Dollar zum Analysezeitpunkt am 27. Juli 2022 verlor die BYD-Aktie binnen weniger Monate bis auf 23 Dollar – und hat sich bis heute nicht wirklich erholt.
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