Boeing Aktie: Doppelte Krise oder Chance?

Sammelklage der Aktionäre und China-Herausforderungen – Boeing kämpft an zwei Fronten um Vertrauen und Marktanteile.

Auf einen Blick:
  • Gericht lässt Sammelklage der Aktionäre zu
  • China bleibt überraschend starker Boeing-Kunde
  • Marktanteile bleiben stabil trotz Herausforderungen
  • Turnaround unter neuer Führung

Der US-Flugzeughersteller Boeing steht vor erheblichen Herausforderungen auf juristischem Parkett, während er gleichzeitig überraschend positive Entwicklungen im wichtigen chinesischen Markt verzeichnet. Diese gegensätzlichen Trends bestimmen derzeit die Zukunftsaussichten des angeschlagenen Konzerns.

Gericht lässt Sammelklage der Aktionäre zu

Ein bedeutender Rückschlag für Boeing kam am vergangenen Freitag, als US-Bezirksrichterin Leonie Brinkema in Virginia entschied, dass sich der Flugzeughersteller einer Sammelklage (Class Action) von Investoren stellen muss. Die Klägergruppe, angeführt vom Schatzmeister des Bundesstaates Rhode Island, wirft dem Unternehmen vor, Anleger durch übertriebene Darstellungen bezüglich der Sicherheit seiner Flugzeuge getäuscht zu haben.

Die Sammelklage umfasst Aktionäre, die zwischen dem 7. Januar 2021 und dem 8. Januar 2024 Boeing-Aktien hielten. Entscheidend war dabei das Vorkommnis vom Januar 2024, als sich bei einem Alaska Airlines-Flug ein Türpaneel einer nagelneuen 737 Max 9 während des Fluges löste. Nach diesem Zwischenfall beschränkte die US-Luftfahrtbehörde FAA die Produktion des meistverkauften Flugzeugs und unterzog die Sicherheitsmaßnahmen des Unternehmens einer genauen Prüfung.

Interessanterweise wollten die Aktionäre ursprünglich, dass der Klagezeitraum bereits 2019 beginnt. Richterin Brinkema entschied jedoch, dass die Periode erst mit der Beilegung eines Strafverfahrens des US-Justizministeriums bezüglich der Sicherheit der Max-Flugzeuge beginnen sollte.

China bleibt überraschend starker Boeing-Kunde

Trotz der rechtlichen Probleme und der angespannten geopolitischen Beziehungen zwischen den USA und China zeigt der chinesische Markt weiterhin ein bemerkenswertes Interesse an Boeing-Flugzeugen, insbesondere am 737 MAX-Modell. Entgegen weit verbreiteter Annahmen, dass China vollständig zu Airbus und dem heimischen C919-Modell wechseln würde, belegen die Daten eine andere Realität.

Boeing hat in den letzten Monaten eine Wiederaufnahme der 737 MAX-Auslieferungen nach China verzeichnet. Von den einst 85 für China bestimmten Flugzeugen, die in den USA eingelagert waren, wurden bereits 59 ausgeliefert. Allein im Januar und Februar 2025 wurden 9 Flugzeuge nach China geliefert. Derzeit sind etwa 154 737 MAX-Flugzeuge bei chinesischen Betreibern im Einsatz, die über 250.000 Flüge und fast 700.000 Flugstunden absolviert haben.

Marktanteile bleiben stabil trotz Herausforderungen

Bemerkenswert ist, dass Boeing trotz aller Schwierigkeiten seinen Marktanteil in China weitgehend behaupten konnte. In den letzten 12 Monaten entfielen 47% aller Single-Aisle-Auslieferungen nach China auf Boeing. Dies unterstreicht, dass China weiterhin versucht, seine Flugzeugbestellungen zwischen Boeing und Airbus auszubalancieren.

Der Hauptgrund für Chinas fortgesetztes Interesse an Boeing-Flugzeugen ist pragmatischer Natur: Die wachsende Nachfrage nach Flugreisen kann weder durch Airbus noch durch den heimischen C919 allein bedient werden. Zudem wäre die Umschulung von Boeing-737-Piloten auf völlig neue Flugzeugtypen anderer Hersteller mit enormem Aufwand verbunden.

Boeing Aktie Chart

Turnaround unter neuer Führung

Unter dem neuen CEO Kelly Ortberg zeigt Boeing Anzeichen eines vielversprechenden Turnarounds. Das Unternehmen strahlt mehr Transparenz aus. Außerdem hat es einen von KPIs gestützten Rahmen skizziert, um die Produktionsraten zu erhöhen und gleichzeitig die Qualität zu wahren.

Trotz möglicher Gegenwindbrise durch verschärfte Handelskonflikte zwischen den USA und China deutet vieles darauf hin, dass Boeing weiterhin Flugzeuge nach China liefern wird. Diese Lieferungen dienen auch dazu, das Handelsdefizit zu verringern, was sie in mehrfacher Hinsicht zu einem Faktor von geopolitischem Interesse macht.

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