Seit einem Monat sind die Ergebnisse von BioNTechs Omikron-Studie schon überfällig. Jetzt hat Vorstandschef Ugur Sahin sich endlich zu dem Thema geäußert, der Markt muss sich jedoch weiter gedulden. Bei der Online-Hauptversammlung am Mittwoch sagte Sahin, dass er die Resultate der klinischen Studie erst „in den kommenden Wochen“ erwarte. Die Daten sollen dann „zeitnah“ mit den Zulassungsbehörden diskutiert werden, fügte der Unternehmenslenker hinzu.
Warum sich das Zulassungsverfahren verzögert, darüber kann nur spekuliert werden. Sicher ist, dass sich BioNTech für die Auslieferung bereits in den Startlöchern befindet. So haben sich die Mainzer eigenen Angaben zufolge darauf eingestellt, den an die vorherrschende Corona-Variante angepassten Impfstoff schon seit Ende März ausliefern zu können.
Fakt ist auch, dass es für BioNTech und US-Partner Pfizer mit der Auslieferung ihres angepassten Serums in diesem Jahr eng wird. Mitte Mai hatte BioNTech mit der EU eine neue Liefervereinbarung geschlossen, die auch das noch nicht zugelassenen Omikron-Vakzin mit einbezieht. Demzufolge sollen Millionen von Dosen des überarbeiteten Impfstoffs im September ausgeliefert werden.
Sollte der Omikron-Wirkstoffkandidat des Mainzer Unternehmens nicht rechtzeitig für den Termin zugelassen werde, drohen Umsatzeinbußen oder zumindest eine Verschiebung der Einnahmen ins nächste Jahr.
Die Mainzer schwimmen in Geld
Das Geld wird BioNTech aber erstmal nicht so schnell ausgehen. Vergangenes Jahr hat der Wirkstoffentwickler 19 Milliarden € eingenommen. Für dieses Jahr lagen Ende April wieder Bestellungen für rund 2,4 Milliarden Dosen vor, sagte CEO Sahin am Mittwoch. Finanzchef Jen Holstein bekräftigte zudem die Umsatzprognose von 13 bis 17 Milliarden € in diesem Jahr. Dabei sind die Mainzer für eher konservative Schätzungen bekannt.
Auch wenn sich die unmittelbaren strategischen Ziele des Unternehmens auf die bestehenden Corona-Impfstoffe konzentrieren: Allein in diesem Jahr werden für die Forschung im Krebs- und Infektionsbereich rund 1,5 Milliarden € aufgewendet. Die Mainzer werden ihre F&E-Aktivitäten in den nächsten drei bis fünf Jahren voraussichtlich ohne Kapitalmaßnahmen finanzieren.
Mit den Mitteln will BioNTech seine mRNA-Technologie verstärkt auch bei möglichen Therapien gegen Autoimmunerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und in der regenerativen Medizin testen, sagte Sahin. Sein Unternemen befinde sich damit in einer „außergewöhnlichen Situation“, die Zukunft der Medizin mitzugestalten.
Finanzchef Jens Holstein fügte dazu: „Wir wollen unsere finanziellen Ressourcen sinnvoll einsetzen, um damit die Weichen für das zukünftige Wachstum des Unternehmens zu stellen. In den kommenden Jahren werden wir vor allem in unsere Forschung und Entwicklung investieren.“
Sonderdividende beschlossen
Um die Aktionäre über die Verzögerung der Omikron-Studie hinwegzutrösten, hatte BioNTech noch ein kleines Bonbon parat: So wurde auf der Hauptversammlung eine Sonderdividende in Höhe von 2,00 € je Stammaktie beschlossen. Das dürfte den Anlegern das bange Warten auf Resultate der wegweisenden Omikron-Studie versüßen.
BioNTech-Aktie auf Richtungssuche
Die BioNTech-Aktie bleibt bis dahin vermutlich vorerst auf Richtungssuche. Nachdem das Papier im Schlussquartal 2021 von seinem Hoch bei rund 370 € aus zum Omikron-Sinkflug ansetzte, schwankt der Titel seit Jahresbeginn in einer Spanne von 140 bis 180 €. Erst erholte sich der Kurs mit den erneut hohen Corona-Infektionszahlen in vielen Regionen und der Rekordbilanz, die der Wirkstoffhersteller für 2021 ausweisen konnte.
Dann jedoch scheiterte Anfang April in Deutschland endgültig die Impfpflicht und für die Aktie ging es einige Wochen abwärts. Zuletzt drehte sich die Anlegerstimmung wieder ins Positive, nachdem die Mainzer Anfang Mai ein 1,5 Milliarden US$ schweres Aktienrückkaufprogramm bekanntgegeben hatten.
Kalkulierbares Restrisiko
Die kurz- bis mittelfristige Entwicklung des Börsenkurses der Mainzer wird maßgeblich von den Resultaten der Omikron-Studie abhängen. Um keinen weiteren Kurseinbruch zu erleiden, müssen die Mainzer eine hohe Wirksamkeit ihres Omikron-Vakzins nachweisen. Zahlen unter 80% wären für den Markt bereits eine bittere Enttäuschung und würden auch eine EU-Zulassung im Laufe des Jahres gefährden.
Wahrscheinlich ist ein derartiges Desaster jedoch nicht. Solange sich das Fehlschlagrisiko des Omikron-spezifischen Impfstoffs in Grenzen hält, ist die BioNTech-Aktie aus meiner Sicht angesichts der Umsatzaussichten auf dem aktuellen Kursniveau unterbewertet.
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