Liebe Leser,
BioNTech ist in der vergangenen Woche am Ende massiv abgestürzt. Das Unternehmen kooperiert zwar mit Pfizer und dem chinesischen Konzern Fosun. Alle drei dürfen jetzt an großen Gruppen von Probanden ihren Impfstoff gegen das Corona-Virus testen. Und dennoch möchte die Börse offenbar nicht mehr so richtig folgen. Was ist da los?
Realismus
Die Börsen haben schlicht angefangen, offenbar auf die Realitätstaste zu drücken. Denn der Wert BioNTech lebt davon, dass die Impfstoffe wie vom Unternehmen selbst angekündigt rechtzeitig auf den Markt kommen werden. Im Dezember soll es so weit sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Impfstoff keine Nebenwirkungen produziert und tatsächlich schützt.
Genau da setzen jetzt Fragezeichen ein: Bis dato ist lediglich nachgewiesen, dass Menschen Antikörper und auch T-Zellen bilden, was wiederum Voraussetzung für einen durchschlagenden Erfolg ist oder wäre. Nur: Niemand weiß bis dato, ob die Wirkung tatsächlich durchschlagend ist und wie lange die Antikörper verbleiben. Kurz: Bis dato hat die Börse lediglich die Geschichte belohnt, die BioNTech versprochen hat.
1,95 Milliarden Dollar wird die US-Regierung im ersten Anlauf für 100 Millionen Dosen zahlen – allerdings nur, wenn die Impfwirkung auch einsetzt und die Impfstoffe freigesetzt sind. Die Erfolgsquote bei der Suche nach Impfstoffen selbst soll bei 10 % bis 15 % liegen. Deshalb gehen Experten davon aus, das die Chance groß ist, einen geeigneten Impfstoff zu finden oder gefunden zu haben.
Ob allerdings BioNTech mit den zwei Kandidaten, die bis dato gefunden sind, Erfolg haben wird, steht in den Sternen. Deshalb setzen Gewinnmitnahmen ein, die kaum jemand einschätzen kann. Wenn BioNTech und Pfizer ab Ende Juli, also offenbar in wenigen Tagen, an 30.000 Probanden testen, dann heißt es wochenlang zu warten. Meldet sich von den aussichtsreichen etwa 20 Konkurrenzversuchen ein einziges als erfolgreich, wird die Stimmung durchsacken.
Das heißt: Wer auf BioNTech setzt, geht derzeit weiterhin immense Wetten ein. Dies kann gutgehen, wenn die Impfstoffe schnell genug getestet und wirksam sind. Dann dürfte die aktuelle Bewertung auf Basis der US-Bestellung für mehr als insgesamt 10 (!) Milliarden Dollar den Kurswert nach oben treiben. Charttechnisch betrachtet ist der Kurs tatsächlich noch im Hausse-Modus. Unterstützungen finden sich bei 60 Euro. Dennoch müssen Investoren mit kräftigen Schwankungen rechnen, die sich in den kommenden Tagen angesichts der jüngsten Unruhe noch fortsetzen dürften.
Eine Katastrophe ist der Kursverlauf noch nicht. Vorsicht jedoch ist weiterhin angebracht. Wer langfristig sicher erfolgreich sein möchte, kann auch künftig mit dividendenstarken Unternehmen wesentlich sicher kalkulieren. Die Dividendenrendite im Dax, die 2020 ausgeschüttet wird, dürfte jüngsten Schätzungen nach bei 2,4 % bis 2,5 % liegen. Wer sich auf besondere Werte aus dem Dax konzentriert – namentlich die Versicherungen – wird mit 4 % rechnen können.
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