Nein, auch der Mittwoch war nicht der Tag für BioNTech an der Börse. An den europäischen Börsen rutschten die Papiere des Mainzer Impfstoffherstellers zunächst weiter ab; an der Nasdaq ging es zwar leicht aufwärts auf bis zu 162,20 US-Dollar, doch zum Handelsschluss standen lediglich noch 160,92 Dollar auf dem Kurszettel. Zur Erinnerung: Vor dem Wochenende wurde die BioNTech-Aktie bei rund 185 Dollar gehandelt, seitdem hat sie also rund 15 Prozent an Wert verloren – trotz eines am Montag gemeldeten Gewinns von 5,4 Milliarden Euro im zweiten Quartal 2024. Ist das alles rational erklärbar?
BioNTech verfehlt die Analysten-Erwartungen
Sicherlich, laut Medienberichten hatte BioNTech die hohen Analysten-Erwartungen verfehlt. Nach einem spürbaren Umsatzrückgang im zweiten Quartal, von 5,3 im Vorjahresquartal ging es auf 3,2 Milliarden Euro abwärts, reduzierte sich zudem der Nettogewinn um 40 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro; das Betriebsergebnis hatte sich auf 2,2 Milliarden Euro nahezu halbiert. Doch das Mainzer Biotechunternehmen rechnet mit einer wieder steigenden Nachfrage nach Corona-Impfstoffen spätestens im vierten Quartal 2024. Ebenso wie Partner Pfizer und US-Konkurrent Moderna hält BioNTech daher an der Prognose für das Gesamtjahr fest.
„Mit unserer starken Leistung im bisherigen Geschäftsjahr sehen wir uns auf gutem Wege, unsere bisherige Finanzprognose für das laufende Geschäftsjahr zu erreichen“, kommentierte Jens Holstein, CFO von BioNTech, die Zahlen. „Wir erwarten wegen unserer Fortschritte rund um die variantenangepassten COVID-19-Impfstoffkandidaten, vorbehaltlich einer behördlichen Genehmigung, einen Anstieg der Nachfrage in unseren Schlüsselmärkten im vierten Quartal.“ BioNTech werde im Jahr 2024 und darüber hinaus stark in Forschung und Entwicklung investieren und sich weiterhin auf die Weiterentwicklung der Onkologie-Pipeline konzentrieren „sowie auf den Ausbau unserer Führungsposition bei der Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen“, so Holstein.
Unternehmen bestätigt Prognose für 2024
Und so war man bei BioNTech selbst mit dem ersten Halbjahr äußerst zufrieden: „Das Unternehmen bekräftigt seinen bisherigen Ausblick für das Geschäftsjahr 2024“, ließ man wissen. Zudem:
- Die Erlöse sollen 13 Mrd. € bis 17 Mrd. € erreichen
- In Forschungs- und Entwicklung will BioNTech bis zu 1,5 Milliarden Euro investieren
Darüber hinaus sei die Vorbereitung für die potenzielle Markteinführung zweier variantenangepasster, bivalenter COVID-19-Impfstoffe „in vollem Gange“; Auslieferungen der an Omikron angepassten Impfstoffe könnten, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigungen, bereits ab Oktober 2024 beginnen, versichert BioNTech.
Analyst erwartet annähernde Kursverdopplung
Dennoch ist man auf Analystenseite etwas vorsichtiger geworden. Die Privatbank Berenberg etwa hatte das Kursziel für BioNTech nach den Quartalszahlen von 350 auf 312 US-Dollar gesenkt. Dies bedeutet allerdings noch immer ein exorbitantes Kurspotenzial von fast 100 Prozent. Entsprechend beließ die Bank ihre Einstufung auf „Buy“.
Zum Erreichen des Umsatzziels für Covid-19-Produkte sei das Biotech-Unternehmen auf gutem Weg, schrieb Analyst Zhiqiang Shu laut Medienberichten in seiner Studie. Allerdings sei der Umsatz im zweiten Quartal hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Auftragsbücher dürften „sich wieder füllen, sollten Booster-Vakzine die Zulassung erhalten, voraussichtlich im September“, so der Experte.
Unterdessen hat Goldman Sachs-Analyst Chris Shibutani in einer am Dienstag vorliegenden Studie seine Gewinnprognosen für BioNtech für die Jahre 2024 bis 2025 gesenkt. Die Umsatz- und Ergebniskennziffern des Impfstoffherstellers seien weniger gut als erwartet ausgefallen, schrieb er. Die US-Investmentbank senkte das Kursziel zudem leicht von 209 auf 200 US-Dollar und beließ die Einstufung auf „Neutral“.
BioNTech ertragsstärker als Bayer
Diese Vorsicht überrascht, denn laut Handelsblatt bleibt BioNTech mit seinem Reingewinn von 5,4 Milliarden Euro aus dem ersten Halbjahr 2024 das „umsatz- und ertragsstärkste deutsche Pharmaunternehmen vor Bayer und Boehringer“. Auch die Finanzkraft des Unternehmens habe sich dank der hohen Impfstofferträge weiter verbessert. Per Ende Juni weist BioNTech demnach eine Cash-Position von 9,3 Milliarden Euro aus, hinzu kommen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 10,4 Milliarden Euro.
„Letztere ergeben sich in erster Linie aus den Ansprüchen von Biontech gegenüber dem Partner Pfizer, mit dem sich Biontech den Bruttoertrag aus dem Covid-Impfstoff-Geschäft teilt“, heiß es in dem Bericht. Direkte Impfstoffumsätze verbucht das Mainzer Unternehmen demnach nur in Deutschland und der Türkei, während Pfizer den Rest der Welt außer China beliefert.
BioNTech-Aktie weit unter dem Höchststand
Im Kursverlauf allerdings spiegelt sich dies alles keinesfalls wider. Im Gegenteil hat die BioNTech-Aktie seit ihrem Höchststand bei rund 463 Dollar von vor genau einem Jahr massiv an Wert verloren:
Kursstand | Kursentwicklung | |
1 Monat | 167 US-Dollar | -3,6 Prozent |
6 Monate | 170 US-Dollar | -5,3 Prozent |
12 Monate | 463 US-Dollar | -65,3 Prozent |
Was man jedoch ebenfalls nicht vergessen darf: Im Februar 2020, als an eine weltweite Pandemie durch COVID-19 noch nicht zu denken war, notierte die BioNTech-Aktie bei weniger als 30 US-Dollar. Seitdem hat sich der Börsenwert des Mainzer Biotech-Unternehmens somit noch immer mehr als verfünffacht. Die Marktkapitalisierung beträgt aktuell 41,65 Milliarden US-Dollar. Das ist beinahe so viel wie der Chemie- und Pharmakonzern Bayer. Dieser kommt aktuell auf einen Börsenwert von 53,86 Milliarden Dollar.
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