Liebe Leserin, lieber Leser,
es ist ein Fiasko sondergleichen: Bei 22,70 Euro war die Aktie von BayWa am Freitag der vorvergangenen Woche noch gehandelt worden. Nach ihrem Einbruch zu Beginn der Vorwoche auf 14,74 Euro, haben die Papiere des in Finanznöte geratenen Agrarhändlers jeden Tag weiter verloren, rutschten am Mittwochmorgen im Xetra-Handel sogar unter die Marke von 10 Euro. Innerhalb von sieben Handelstagen hat die BayWa-Aktie somit weit mehr als die Hälfte an Wert eingebüßt. Nachdem Experten den Gremien des Mischkonzerns zuletzt Versagen vorgeworfen haben, folgten nun erste Konsequenzen.
Finanzchefin von Tochter BayWa r.e. zurückgetreten
Bei der Wind- und Solar-Projekt-Tochter BayWa r.e. sei die Finanzchefin Mihaela Seidl mit sofortiger Wirkung zurückgetreten, meldet unter anderem das Managermagazin. Dies gehe aus einem der Agentur Reuters vorliegenden Memo im Intranet hervor. Die für Finanzen verantwortliche Managerin ziehe sich „aus persönlichen Gründen“ zurück, wie es darin heißt. Ihre Aufgaben übernimmt demnach zunächst Vorstandschef Matthias Taft. Ein Sprecher der BayWa AG, die 51 Prozent an der Tochter hält, sprach von „notwendigen Personalmaßnahmen zur Leistungssteigerung auf Vorstandsebene“, so der Bericht.
- Die Erneuerbare-Energien-Projekte der BayWa r.e. gelten als Ursache für die finanziellen Nöte des Gesamtkonzerns
- Auf Druck der Banken hat der Agrarhändler ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben – der Kurs der Aktie brach daraufhin ein
BayWa sitzt auf einem riesigen Schuldenberg
Die Tochtergesellschaft BayWa r.e erzielte zuletzt einen Umsatz von 5,8 Milliarden Euro. Sie entwickelt Solar- und Windparks und war bis vor kurzem ein zuverlässiger Gewinnbringer, bindet jedoch viel Kapital. Hauptproblem sind laut Medienberichten die lang laufenden Energieprojekte, die teilweise schlecht gemanagt worden seien. Durch steigende Zinsen wird der Verkauf nach Fertigstellung erschwert. Der Großhandel mit Solarmodulen leidet zudem unter chinesischer Dumping-Konkurrenz.
Mit insgesamt 4,3 Mrd. Euro machen die Bankdarlehen laut Börsenzeitung den Löwenanteil der gesamten Finanzschulden von BayWa in Höhe von 5,4 Milliarden Euro aus (Stand Ende 2023). Bis Ende März seien die Finanzverbindlichkeiten auf 5,6 Milliarden Euro angewachsen. Die Finanzschulden machen dem Bericht zufolge rund die Hälfte der gesamten Verbindlichkeiten aus, die bis Ende März auf 11,4 Milliarden Euro angestiegen seien. Dies entspricht laut Börsenzeitung 87,8 Prozent der Bilanzsumme von BayWa. Die zweite Hälfte umfasst demnach mehrere andere Positionen, unter anderem „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und Verbundbeziehungen“, wie es heißt.
Ex-Vorstandschef Lutz kritisiert Nachfolger
Doch wie konnte es bei dem einstigen Vorzeigebetrieb, der 2023 seinen 100. Geburtstag mit einer Gala gefeiert hatte, soweit kommen? Der frühere Konzernchef Klaus Josef Lutz, selbst stark in der Kritik, rechnete jetzt mit seinem Nachfolger Marcus Pöllinger öffentlich ab. „Der aktuelle Vorstandschef ist vielleicht nicht der richtige Vorstand für die aktuellen Herausforderungen“, sagte Lutz der Süddeutschen Zeitung (SZ). Zugleich wies er demnach eine Mitverantwortung für die aktuelle Schieflage des Konzerns zurück.
- Lutz amtierte selbst rund 15 Jahre lang als Vorstandsvorsitzender bei BayWa und wechselte im Juni 2023 auf den Posten des Aufsichtsratschefs
- Im Januar 2024 musste Lutz den Vorsitz im Kontrollgremium nach einem verlorenen Machtkampf mit dem Vorstand abgeben und schied aus
Er sei „überrascht und entsetzt zugleich von der aktuellen Situation der BayWa“, wird Lutz nun von der SZ zitiert. Die Krise resultiere allerdings nicht aus der Expansion des Konzerns in seiner Zeit, behauptet er. So seien Zinsänderungsrisiken unter seiner Führung über Langfristdarlehen und ausreichende Kreditlinien abgesichert worden. „Der neue Vorstand hätte die alte Strategie an das neue Marktumfeld anpassen sollen, das habe ich auch geraten“, so Lutz. „Die BayWa müsste Unternehmen verkaufen und woanders investieren.“
BayWa wird wohl weitere Anteile verkaufen
Und genau das passiert möglicherweise: BayWa könnte nach Informationen des Handelsblatts demnächst weitere Anteile an ihrer Tochter Baywa r.e. verkaufen. Bereits 2021 hatte Baywa für 530 Millionen Euro 49 Prozent der Anteile an die Schweizer Investmentgesellschaft Energy Infrastructure Partners (EIP) veräußert. Zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten demnach, „dass EIP nun weitere Anteile an der Baywa r.e. übernehmen möchte“, so der Bericht. Die Rede sei von 20 bis 30 Prozent. „Sicher scheint, dass BayWa mit einem Kaufpreis im dreistelligen Millionenbereich rechnen kann, auch wenn EIP je Anteil weniger zahlen dürfte, als noch vor drei Jahren“, so das Handelsblatt.
Was das alles für die Aktionäre bedeutet, ist nicht abzuschätzen. Sicher ist: Bereits jetzt hat der Konzern seit Jahresbeginn rund zwei Drittel seines Börsenwerts eingebüßt, aufs Jahr gesehen sind es fast drei Viertel.
Kursziele für BayWa-Aktie einkassiert
Die Analysten von Warburg Research hatten noch am 11. Juni ein Kursziel für die BayWa-Aktie von 27,60 Euro für realistisch erachtet. Das hat sich geändert, das Ziel wurde einkassiert. Nach den jüngsten Ereignissen sehen sich neben der Privatbank Metzler auch die Warburg-Experten nun nicht mehr in der Lage, die Papiere einzuschätzen. Beide Häuser setzten in der vergangenen Woche ihre Bewertung aus.
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