Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktie des Krisenkonzerns BayWa war am Mittwoch noch bis auf 13,54 Euro abgesackt, am Donnerstag ging es dann plötzlich bis auf 14,64 Euro nach oben. Es war die Nachricht, dass die BayWa AG mit den größten Gesellschaftern und kreditgebenden Banken endlich ein Finanzierungspaket vereinbart habe, die den Anlegern wieder etwas Mut machte. Doch bereits am Freitag knickte die Aktie wieder auf 14,14 Euro ein. Und klar, der hoch verschuldete Konzern ist noch lange nicht gerettet, er erhielt allenfalls eine Gnadenfrist.
550 Millionen Euro für BayWa
Tatsache ist, dass BayWa sich am Donnerstag mit den wichtigsten Gläubigerbanken und ihren größten Aktionären, der Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB AG) sowie der Raiffeisen Agrar Invest (RAIG), „über die Bereitstellung frischer Liquidität in Höhe von insgesamt rund 550 Mio. Euro geeinigt hat“, wie man am Vormittag wissen ließ. Voraussetzung dafür war demnach der erfolgreiche Abschluss eines Stillhalteabkommens mit den kreditgebenden Banken. „Auch fällige Darlehensrückzahlungen werden bis Ende September dieses Jahres ausgesetzt, um das beauftrage Sanierungsgutachten fertigstellen zu können.“
- Die Wirksamkeit der Vereinbarungen steht unter dem Vorbehalt verschiedener Bedingungen
- Mit deren Eintritt rechnet der BayWa-Vorstand nach eigenen Angaben „in den nächsten Tagen“
Überbrückungskredite und Getreidekauf
Das Finanzierungspaket sehe im Einzelnen vor, dass die Kernbanken Überbrückungskredite mit einem Volumen von 272 Mio. Euro zur Verfügung stellen. Darüber hinaus haben die beiden größten Aktionäre nachrangige Gesellschafter-Darlehen in Höhe von insgesamt 125 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, die in Höhe von 75 Mio. Euro bereits ausgezahlt wurden.
Zudem habe die BRB AG gemeinsam mit der Frankfurter DZ Bank die Beteiligung der BayWa AG an der BRB Holding GmbH für einen Kaufpreis von insgesamt 120 Mio. Euro und die RWA AG die Beteiligung der BayWa AG an der BSV Saaten GmbH für einen Kaufpreis in Höhe von ca. 10 Mio. Euro erworben, hieß es. „Zur kurzfristigen Liquiditätsbereitstellung haben zudem die RAIG bzw. ihr nahestehenden Unternehmen von der BayWa AG Getreide zum Marktpreis für einen Kaufpreis von insgesamt 20 Mio. Euro erworben.“
BayWa muss wohl Stellen streichen
„Wir alle dürfen heute kurz durchatmen“, sagte BayWa-Chef Marcus Pöllinger nach Informationen des Handelsblatts. Die nächste Ernte sei sicher, man selbst liefer- und zahlungssicher. Und Pöllinger versprach: „Die Baywa wird diese Krise positiv nutzen, um ihre Hausaufgaben zu machen.“ Denn das Unternehmen sei zwar nun erst einmal zahlungsfähig. „Doch wird es harte Einschnitte geben, auch für die Belegschaft. Dies bedeute auch Stellenabbau. Zudem werde sich Baywa von Unternehmensteilen trennen“, so der Bericht.
Die BayWa sei „die zweitwichtigste Institution auf dem Land neben der katholischen Kirche“, zitierte die Süddeutsche Zeitung Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger aus dem vergangenen Jahr. Und in der Tat sei das Unternehmen in ganz Bayern und darüber hinaus vertreten. „Vor allem für kleinere und mittlere Landwirte ist die Baywa wichtig, sie beziehen von ihr Maschinen und Saatgut und verkaufen ihr ihre Ernte.“ Die Bauern waren zuletzt in großer Sorge, sahen sich bereits nach Alternativen um.
ByWa-CEO Pöllinger gelobt Besserung
Doch nun verspricht man bei BayWa Besserung: „Wir wollen unseren Kunden, Lieferanten sowie Finanzierungspartnern auch in Zukunft wieder als der gewohnte verlässliche Partner zur Seite stehen“, so CEO Pöllinger. Deshalb werden man aus der aktuellen Situation „jetzt rasch die notwendigen organisatorischen und prozeduralen Konsequenzen ziehen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, versichert er. Das Finanzierungspaket sei „ein wichtiger Schritt, um die Zukunft der BayWa nachhaltig zu sichern“.
- In der Tat warten alle Beteiligten noch auf das Ende Juli in Auftrag gegeben Sanierungsgutachten
- Das Bekanntwerden hatte die BayWa-Aktie einbrechen lassen, erholt hat sie sich nur marginal
Späte Einsicht nach „ungestümer Expansion“
Der BayWa-Vorstand aber geht „aufgrund der konstruktiven Gespräche mit den Banken, weiteren Finanzierungspartnern und wesentlichen Stakeholdern“ davon aus, dass bis Ende September auf Basis des dann im Entwurf vorliegenden Sanierungsgutachtens ein Konzept für eine nachhaltige Sanierung sowie eine Neuregelung der Finanzierung erreicht werden kann. „In Zeiten gestiegener Zinsen hatte der Vorstand den weltweiten, expansiven und hauptsächlich kreditfinanzierten Geschäftskurs der vergangenen Jahre im Rahmen der Strategie 2030 überprüft und steuert mit deren Umsetzung seit Jahresbeginn einen Konsolidierungskurs“, so die Mitteilung.
Die Einsicht kommt spät: Der Konzern sei in Niedrigzinszeiten „ungestüm in alle Welt expandiert“, wie man es beim Handelsblatt formuliert. „Das rächte sich, als die Zinsen anzogen und der Schuldenberg von mehr als fünf Milliarden Euro zur Belastung wurde.“ Allein im ersten Quartal 2024 zahlte BayWa demnach 97 Millionen Euro Kreditzinsen an die Banken. Vorstand und Aufsichtsrat wird Versagen vorgeworfen, Kontrollinstanzen hätten nicht funktioniert.
BayWa-Aktie verlor massiv an Wert
Vor allem hatte die Erneuerbare-Energie-Tochter BayWa r.e das Unternehmen in Finanznot gebracht, die Finanzchefin nahm mittlerweile ihren Hut. Ein Preisverfall für Solarmodule sowie Billigkonkurrenz aus China hatte den Bereich unter Druck gesetzt. Unter Druck ist derweil auch die BayWa-Aktie, nach wie vor: Obwohl mit noch knapp vier Prozent im Wochenplus, hat der Konzern seit Jahresbeginn mehr als die Hälfte an Börsenwert eingebüßt.
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