Ich bin ein großer Fan von investigativem Journalismus. Insbesondere mag ich es, über reiche, erfolgreiche Familien und Personen zu recherchieren. In einigen Fällen brachte mir das Drohungen von Anwälten und wütenden Vorständen ein. Dieser Aufwand lohnt sich aber, weil sich mit dieser Recherchemethode immer wieder gute Gewinne erzielen lassen.
Eine neulich in der Schweiz veröffentlichte Börsenmeldung erinnerte mich daran, wie ich im Jahr 2003 die Familie Rothschild unfreiwillig ins Rampenlicht meines damaligen Investmentblogs zog.
Die Rothschilds betreiben ihr Geschäft verteilt auf mehrere Familienzweige. Ich beschäftigte mich mit dem Schweizer Teil der Familie, damals angeführt durch Benjamin de Rothschild.
Er war seinerzeit CEO und Großaktionär einer Bank, die den Namen seines Vaters trug, dem legendären Edmond de Rothschild, der auch maßgeblich die Gründung Israels unterstützte. Die Banque Privée Edmond de Rothschild (ISIN CH0001347498) ist in Zürich an der Börse notiert und kümmert sich an ihrem Stammsitz in Genf um die Vermögen superreicher Kunden. Mit weniger als EUR 5 Mio. sollten Sie erst gar nicht versuchen, dort ein Bankkonto zu eröffnen.
Wie ich damals berichtete, kaufte die Familie schrittweise die Aktien des Unternehmens zurück. Meine damalige Studie kam zum Schluss, dass die Familie die Bank von der Börse nehmen und den dann noch verbliebenen Aktionären ein lukratives Übernahmeangebot unterbreiten wird.
Aus den danach folgenden Entwicklungen lassen sich heute gleich mehrere nützliche Lektionen schließen.
Langwierige Detektivarbeit über die Interessen der Schweizer Rothschilds
Seinerzeit war ich meines Wissens der einzige Analyst überhaupt, der sich mit der Banque Privée Edmond de Rothschild auseinandersetzte. Das Papier war u.a. auch durch den optisch hohen Preis der Aktie bei fast niemandem auf dem Radarschirm. Seinerzeit kostete das Papier stattliche CHF8.100.
Der optisch hohe Preis verleitete schnell zu irreführenden Schlüssen. Wie mein 40-seitiger Report „Spurensuche in einer europäischen Gelddynastie“ aufzeigte, wies die Aktie ein KGV von nur 7 auf, und das bei besten Wachstumsperspektiven.
Ich zeigte seinerzeit auf, dass zwischen 2000 und 2003 39% (!) aller Börsentransaktionen in dem Papier auf Rückkäufe der Familie zurückgingen. Der Streubesitz war bereits auf 5.000 bis 8.000 Aktien reduziert, was 5% bis 8% des Aktienkapitals entsprach. Mir wurde sofort klar, dass die Familie den Squeeze-Out und das Ende der Börsennotiz anstrebte.
Zumindest in den ersten Jahren entwickelte sich der Aktienkurs denn auch wie erwartet. Im Jahr 2007 notierte das Papier bereits bei CHF45.500. Selbst gemessen an der damaligen guten Börsenphase für Bankenpapiere war dies eine herausragende Performance. Die anhaltenden Aktienkäufe taten ihr Übriges.
Naturgemäß war die Familie über meine anhaltende Berichterstattung alles andere als angetan. Durch meine Studien war der Rückkauf der Aktien definitiv teurer geworden, was den Interessen der Familie zuwiderlief.
Allerdings veränderten sich die Rahmenbedingungen in den Folgejahren dramatisch, was auch die Spekulation auf eine Abfindung negativ beeinflusste.
Die Bankenkrise führte zu einer Neubewertung der Aktie
Die globale Finanz- und Bankenkrise der Jahre 2008/09 führte auch bei der feinen Banque Privée Edmond de Rothschild zu einer veränderten Gesamtsituation.
Durch die niedrigen Zinsen verringerten sich selbst im Hause Rothschild die Margen. Zudem verlor die Schweiz ihr Bankgeheimnis, was etliche Kunden dazu brachte, ihr Geld abzuziehen. Neugeschäft wurde ebenfalls schwieriger, denn wer will schon die hohen Schweizer Bankgebühren bezahlen, wenn damit nicht auch die traditionelle Diskretion einhergeht?
In der heißen Zeit der Krise verlor die Aktie über 60% an Wert, was im Einklang mit dem Gesamtmarkt stand. Allerdings brachte die anschließende jahrelange Börsenhausse, getrieben durch die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken, keine Besserung. Im Jahr 2015 stand der Kurs dann wieder bei CHF 15.000. Das Papier tendierte anschließend überwiegend seitwärts und galt wieder als langweilige, stagnierende Anlage.
Erst vor zwei Wochen kam dann neue Bewegung in die Geschichte.
Die Rothschilds, so die Börsenmeldung, wollen die Börsennotiz einstellen und die restlichen Aktionäre abfinden.
Geschlagene 16 Jahre nach meinem ersten Bericht hat die Familie dann tatsächlich die letzten Schritte eingeleitet.
Die freien Aktionäre werden abgekocht
Wei die Aktie seit Jahren unter der europaweiten Schwäche von Bankaktien litt, konnte die Familie jetzt ein vergleichsweise niedriges Angebot abgeben. Der angebotene Preis liegt mit CHF17.945 nur um 7% über dem vor Bekanntgabe des Angebots festgestellten Börsenkurs.
Weil das Schweizer Aktienrecht traditionell eher die Interessen von Großaktionären als die Interessen von Streubesitzaktionären verteidigt, gibt es fast keine Handhabe gegen das niedrige Angebot.
Das Angebot ist gemessen am Vermögen und den Erträgen der Bank eindeutig zu niedrig. Es würde jedoch jahrelange, riskante und kostspielige Prozesse erfordern, um das zu ändern.
Die Finanzkrise und anschließende Niedrigzinspolitik hatte die Lage für europäische Bankaktien grundsätzlich veränderte, weswegen man das Papier schon vor zehn Jahren verkaufen musste. Die Perspektive für Wachstum und Margen war schlichtweg dahin. Was ursprünglich die richtige Idee gewesen war und jahrelang gute Gewinne brachte, sollte ab 2008/09 schlichtweg nicht mehr funktionieren.
Das war frustrierend, ab einem gewissen Punkt aber auch nicht überraschend. Die Lektion dieser Geschichte war definitiv, dass man als Anleger auch dazu in der Lage sein muss, veränderte Fakten zu erkennen und darauf basierend zu handeln.
Aktienrückkäufe sind immer eine genauere Analyse wert
Wie der Fall jedoch auch zeigt, ist es immer den Aufwand wert, sich Aktienrückkäufe durch Großaktionäre näher anzuschauen.
Großaktionäre wissen einfach immer ein bisschen mehr darüber, was die Zukunft für das Unternehmen bringen wird. Wenn sie – direkt durch persönliche Käufe oder indirekt über Aktienrückkäufe des Unternehmens – mehr Geld in ihr Unternehmen stecken, sollte man einmal genauer hinschauen.
In meinen Berichten werden Sie noch öfters über solche Konstellationen lesen. Es gibt reihenweise interessante Unternehmen, in denen Familien oder Individuen den Ton angeben und durch Aktienzukäufe interessante Signale liefern.
Tatsächlich habe ich einen solchen Fall gerade auf dem Radarschirm. Es kann gut sein, dass Sie hierüber in naher Zukunft noch mehr von mir erfahren werden.
Bis dahin – beste Grüße
Swen Lorenz
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