Ende 2017 wollte der französische IT-Dienstleister Atos sich den niederländischen Chip-Spezialisten Gemalto einverleiben. Doch das 4,3 Mrd. Euro schwere Übernahme-Angebot stoß beim Gemalto-Management auf wenig Gegenliebe. Denn das hatte zugleich eine höhere Offerte von Thales auf dem Tisch liegen, sodass Atos leer ausging. Atos kündigte daraufhin an, sich nach Alternativen umzuschauen. Im April wurde das Management dann konkreter: Eine Übernahme in den USA sei eine Option, um das Geschäft auszubauen. Gestern Abend ließ Atos dann die Katze aus dem Sack: Der Siemens-Partner übernimmt für 2,9 Mrd. Euro das IT-Unternehmen Syntel.
Strategisch richtig, kleine Prämie, schneller Abschluss:
Gute Voraussetzungen für wertsteigernden Deal
Die Übernahme schafft das, was Atos will: Umsatz, Synergien und eine Erweiterung der Angebotspalette, die Zugang zu namhaften Großkunden schafft. Syntel wird ca. 1 Mrd. Dollar zum Atos-Konzernumsatz beitragen, der Gewinn soll schon im kommenden Jahr zweistellig wachsen. Auch zahlt Atos augenscheinlich nicht zuviel für Syntel. Gegenüber dem Freitags-Schlusskurs liegt die Übernahme-Prämie bei nicht einmal 5%. Analysten bewerten den Kaufpreis als angemessen und den Schritt als strategisch nachvollziehbar.
Es gibt weitere Gründe, warum den Investoren die Übernahme schmecken sollte. Der Milliarden-Deal ist sehr sicher, da der Syntel-Großaktionär bereits eingewilligt hat, seinen 51%-Anteil an Atos abzugeben. Auch werden keine regulatorischen Hindernisse befürchtet. Bis Ende dieses Jahres soll der Milliarden-Deal bereits abgeschlossen sein. Dennoch reagieren die Investoren verschnupft: Die Aktie des Bieters verliert am frühen Nachmittag 7%.
Höhere Verschuldung bei steigenden Zinsen schmeckt Investoren nicht.
Ein Grund für die schwache Kursreaktion ist die zunehmende Verschuldung. Atos, an der Börse mit 13 Mrd. Dollar bewertet und mit starker Bilanz, kann sich den Deal zwar locker leisten, doch es wird befürchtet, dass die Finanzierungskosten steigen, was einen Teil der Synergien auffressen könnte. Auch ist die Übernahme mit der Mini-Prämie nicht so günstig wie es scheint. Der Syntel-Aktienkurs hat sich in den vergangenen 12 Monaten verdoppelt. Der Übernahme-Multiplikator liegt ohne Synergien bei über 14 und in den vergangenen beiden Jahren waren die Umsätze des Übernahme-Kandidaten rückläufig. In diesem Jahr sollen die Umsätze zwar wieder leicht steigen, doch die Bewertung ist angemessen und nicht so günstig wie man beim bloßen Blick auf die Prämie meinen könnte.
Die Bekanntgabe der Übernahme ging mit der Bekanntgabe von Geschäftszahlen einher. Diese fielen schwächer als erwartet aus, sodass die Investoren-Reaktion auf die Übernahme davon überlagert wurde. Die Zahlen zeigten im größten Geschäftsbereich Infrastructure and Data Management (IDM) ausgerechnet in der Marktregion Nordamerika-Geschäft eine Schwäche, was vielleicht auch dazu beitrug, dass die Übernahme des US-Unternehmens von einigen Investoren skeptisch beurteilt wurde.
Doch der Deal ist dem Geschäftsbereich Business & Plattform Solutions zuzuordnen und dort verzeichnete Atos auch in Nordamerika „signifikantes Wachstum“. Der Geschäftsbereich wird nach der Syntel-Übernahme fast genau soviel zum operativen Gewinn beitragen wie das IDM-Geschäft und die Marge auf Konzernebene deutlich heben. Die Marge eines Unternehmens spielt für viele Investoren eine wichtige Rolle. Unter dem Strich ist die Syntel-Übernahme also zwar kein risikoloser Super-Deal, aber alles andere als schlecht. Sehr gut möglich, dass das Papier heute zugelegt hätte, wenn es keine Quartalszahlen gegeben hätte.
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