Liebe Leserin, lieber Leser,
zuletzt sah es wieder etwas besser aus für die Aktie von Atos: Nachdem die Papiere des französischen IT-Dienstleisters in der vergangenen Woche bis auf 2,14 Euro zurückgefallen waren, zugleich ein historischer Tiefstand, haben sie sich wieder leicht auf aktuell 2,25 Euro verbessert. Wie es mit der Atos-Aktie mittelfristig weitergeht, entscheidet sich aber wohl auch an diesem Freitag, wenn der in Finanznöte geratene Konzern seine Zahlen aus dem vierten Quartal und dem Gesamtjahr 2023 vorlegen wird. Und möglicherweise auch Szenarien für die Zukunft. Sollte es denn eine geben, denn selbst eine Pleite ist nicht völlig ausgeschlossen.
Die Rolle von EU-Kommissar Thierry Breton
Das Handelsblatt beleuchtet in diesem Zusammenhang aktuell die Rolle des heutigen EU-Kommissars Thierry Breton, dessen Ziel die „technologische Souveränität“ der EU und eigene „europäische Champions“ bei den Zukunftstechnologien sei. Was das mit dem französischen IT-Unternehmen zu tun hat? Der heutige Politiker führte Atos rund zehn Jahre lang, bis er im Herbst 2019 „fast nahtlos“ vom Vorstandsvorsitz auf seinen aktuellen Kommissionsposten gewechselt sei, wie es heißt.
Breton selbst will mit dem Niedergang von Atos nichts zu tun haben, der in der Tat erst nach seinem Wechsel begann. Der Börsenwert des Konzerns sank laut Handelsblatt seitdem von rund zehn Milliarden auf derzeit nur noch rund 250 Millionen Euro. „Viermal in zwei Jahren wechselte der Vorstandschef, zuletzt im Januar. Seitdem steht Paul Saleh an der Spitze des Unternehmens, das weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter beschäftigt“, so der Bericht.
Hat Atos das Cloud-Geschäft verschlafen?
Doch tatsächlich werden die zahlreichen Zukäufe unter der Führung von Thierry Breton von Beobachtern inzwischen äußerst kritisch gesehen. Zudem habe er die immense Bedeutung des Cloud-Geschäfts unterschätzt, heißt es. Zwar habe auch Atos in diesem Bereich Milliarden investiert, etwa durch die Übernahme des amerikanischen Cloud-Spezialisten Syntel. „Doch die Offensive kam offenbar zu spät“, heißt es.
- In den vergangenen Jahren hat das französische Unternehmen in der Tat enorme Verluste eingefahren
- Bis Mai 2025 muss Atos 2,25 Milliarden Euro refinanzieren, 1,5 Milliarden davon bereits bis Ende Januar
Kapitalerhöhung überraschend abgeblasen
Helfen sollte eigentlich eine Kapitalerhöhung, die Atos Anfang Februar aber überraschend abblies. Die geplante Bezugsrechtsemission sollte 720 Millionen Euro in die Kasse spülen. Laut Medienberichten aber machten BNP Paribas und JP Morgan, die die Emission absichern sollten, einen Rückzieher. Begründet wurde dies in einer Unternehmens-Mitteilung mit veränderten Marktbedingungen. Deshalb seien die Konditionen der geplanten Bezugsrechtsemission „nicht mehr anwendbar“, so Atos.
Atos befinde sich nun „in Gesprächen mit seinen Kreditgebern über die Refinanzierung seiner Schulden“, wie das Unternehmen mitteilen ließ. Man beantrage die Einsetzung eines unabhängigen Dritten, der die Gespräche mit Banken unterstützen solle, um eine neue Vereinbarung zu erhalten, „die im besten Interesse des Unternehmens“ sei. Doch nur wenige Tage später gab es nach Informationen der Financial Times (FT) die nächste Hiobsbotschaft: Die Crédit Agricole, einer der größten Gläubiger des IT-Dienstleisters, wolle sich zurückzuziehen, hieß es.
Atos könnte aufgespalten werden
„Die Position von Crédit Agricole könnte Auswirkungen auf andere, kleinere ausländische Kreditgeber haben, die ebenfalls unschlüssig waren, der Gruppe erneut Kreditlinien zu gewähren“, hieß es in der FT. Unterdessen gehen die Gespräche mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky über einen Verkauf der defizitären Beratungs-Sparte Tech Foundations offenbar weiter. Und das könnte letztlich die Rettung sein – und zugleich das Ende von Atos bedeuten.
Denn seit 2022 treiben Bretons Nachfolger laut Handelsblatt die Aufspaltung von Atos in zwei unabhängige Unternehmen voran. „Die bereits in Eviden umbenannte Big-Data-Sparte soll mit den Aktivitäten rund um Cybersicherheit und Hochleistungsrechner die Zukunft des Konzerns sichern“, heißt es. Eviden habe „durchaus Champion-Potenzial“.
- Die Sparte, in der etwa die Hälfte der mehr als 100.000 Atos-Mitarbeiter beschäftigt ist, gelte bei Hochleistungsrechnern als weltweit führend
- Indes will sich auch der Flugzeugbauer Airbus die Cybersicherheitssparte BDS des kriselnden IT-Dienstleisters sichern, wie seit Anfang Januar bekannt ist
Atos-Aktie mit 80 Prozent im Jahresminus
Es ist also noch vieles offen, nur eines scheint sicher: Wenn der Konzern an diesem Freitag sein Ergebnis für 2023 vorstellt, liegt das Augenmerk wohl vor allem auf dem Ausblick auf das laufende Jahr. Als nahezu sicher gelte, dass Atos im Fall einer Rettung nicht mehr wie der IT-Riese der Ära Breton aussehen werde. „Auch der Name des Unternehmens dürfte dann wohl der Vergangenheit angehören“, so das Handelsblatt.
Sollte es so kommen, wird auch die Atos-Aktie Geschichte sein. Diese hat den Anlegern ohnehin wenig Freude bereitet. Allein im vergangenen Vierteljahr hat sie fast zwei Drittel an Wert eingebüßt. Das Minus seit Ende Februar 2023 beläuft sich sogar auf mehr als 80 Prozent.
Update: Am Mittwoch meldet die Agentur Reuters, Atos habe die Gespräche mit Milliardär Kretinsky über den Verkauf der verlustbringenden Tech Foundations beendet „ohne dass eine Einigung erzielt wurde“. Zugleich gab Atos bekannt, dass es die Veröffentlichung seiner Ergebnisse für 2023 verschiebt. Neuer Termin ist jetzt der 20. März.
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