Liebe Leserin, lieber Leser,
die Aktie des wankenden IT-Konzerns Atos ist zuletzt zum Spielball von Zockern geworden. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung und der Ausgabe von gut 63 Milliarden neuer Aktien waren die Papiere vor gut einer Woche um fast 99 Prozent gefallen, notierten in der Vorwoche zwischenzeitlich bei noch 0,0017 Euro. Im Laufe des Donnerstags hatte sich die Atos-Aktie kurzzeitig auf 0,0031 Euro im Wert wieder fast verdoppelt, ging letztlich bei 0,0024 Euro am Freitag aus dem Handel. Hier lässt sich für Mutige im Moment zweifellos schnelles Geld machen, oder genauso schnell wieder verlieren. Was viele dabei nicht auf dem Schirm haben, ist der kommende Mittwoch – dann sollen für den Krisenkonzern Milliarden fließen.
Atos gibt fast 116 Milliarden weitere Aktien aus
Denn tatsächlich hat Atos, während zuweilen von einem drohendem Delisting phantasiert wird oder gar von einem Aus des Weltkonzerns, einen klaren Plan: Am 12. Dezember meldete das Unternehmen, von einigen offenbar unbemerkt, den Start von weiteren „reservierten Kapitalerhöhungen für Gläubiger im Rahmen des beschleunigten Sicherungsplans“. Was das zu bedeuten hat? Es werden zu den 63 Milliarden neuen Aktien, die jüngst bereits an ausgewählte Gläubiger zu einem Stückpreis von 0,0037 Euro ausgegeben worden waren, wohl noch einmal fast doppelt so viele dazukommen. Und zwar bald.
Die nächsten Kapitalerhöhungen führen laut Atos-Mitteilung „zur Ausgabe einer maximalen Gesamtzahl von weiteren 115,86 Milliarden neuen Aktien“. Doch anders als bei der ersten Kapitalerhöhung, die aufgrund des niedrigen Ausgabepreises lediglich 233 Millionen Euro in die Kassen des hoch verschuldeten Konzerns spülte, geht es jetzt um richtig viel Geld.
2,9 Milliarden frisches Kapital für Atos
Dafür sorgt insbesondere Teil eins der Kapitalerhöhungen. In diesem soll ein maximaler Bruttobetrag von 1,80 Milliarden Euro erlöst werden, „durch Ausgabe von maximal 27,17 Milliarden Aktien zu einem Bezugspreis von 0,0663 Euro pro neuer Aktie, die durch Aufrechnung mit dem Betrag eines entsprechenden Teils der Forderungen der nicht beteiligten Gläubiger gegenüber der Gesellschaft zu zeichnen sind“, wie es heißt.
- Hinzu kommen sollen laut Atos rund 1,12 Milliarden Euro brutto durch Ausgabe von maximal 84,86 Milliarden neuer Aktien zu einem Bezugspreis von 0,0132 Euro
- Und schließlich etwa 14 Millionen Euro durch 3,83 Milliarden Aktien zu einem Bezugspreis von 0,0037 Euro pro; es geht insgesamt also um 2,9 Milliarden Euro
Kostenlose Optionsscheine für Gläubiger
Nach Abschluss der reservierten Kapitalerhöhungen werden zudem maximal 22,4 Milliarden Optionsscheine zur Aktienzeichnung ausgegeben, die laut Atos das Recht zum Bezug einer neuen Stammaktie pro Optionsschein gewähren, „die bestimmten, teilnehmenden Gläubigern gemäß dem beschleunigten Sicherungsplan kostenlos zugeteilt wird, als Gegenleistung für Zeichnungs- und Garantieverpflichtungen in Bezug auf die neue Vorzugsfinanzierung“, wie es heißt. All die im Rahmen des beschleunigten Sicherungsplans vorgesehenen Maßnahmen zur finanziellen Umstrukturierung dienen laut Atos letztlich
- der Umwandlung von 2,9 Milliarden Euro bestehender Finanzschulden in Eigenkapital (über die reservierten Kapitalerhöhungen)
- der Neuinstallation von 1,95 Milliarden Euro bestehender Finanzschulden in Form neuer Schulden mit einer Laufzeit von 6 Jahren oder mehr
- sowie unter anderem auch dem Erhalt von 1,5 bis 1,675 Milliarden Euro an neuen Vorzugsfinanzierungen
Atos warnt Anleger vor „erheblicher Verwässerung“
Gemäß des Zeitplans werde die Abwicklung und Lieferung der neuen Aktien „voraussichtlich am 18. Dezember 2024 erfolgen“, so Atos. Die im Rahmen der Erhöhungen des reservierten Kapitals auszugebenden neuen Aktien werden also am Mittwoch sofort zum Handel am regulierten Markt der Euronext Paris zugelassen. Und Atos warnt erneut pflichtschuldig: „Die Umsetzung des Finanzumstrukturierungsplans wird zu „einer erheblichen Verwässerung der bestehenden Aktionäre von Atos führen, was sich sehr ungünstig auf den Aktienkurs auswirken könnte“. So, so, könnte.
Doch was soll die handverlesenen Gläubiger überhaupt dazu bringen, bis Mittwoch Aktien zu einem weit höheren Preis zu beziehen, als sie aktuell gehandelt werden? Die Antwort: Ähnlich wie beim Sanierungsfall Varta sollen auch hier bestehende Aktionäre aus dem Unternehmen gedrängt werden. Während bei der Varta-Aktie im Rahmen des deutschen StaRUG-Verfahrens das Grundkapital der AG auf null Euro herabgesetzt wird, die derzeitigen Aktionäre kompensationslos ausscheiden, werden Atos-Aktionäre schlicht durch massive Verwässerung enteignet. Moralisch verwerflich kann man beides finden.
Atos mehrere Nummern größer als Varta
Am Ende aber, und das ist das Ziel, liegen die Firmen faktisch fast vollständig in den Händen der Gläubiger. Im Fall Varta sind diese bekannt: Dem Sanierungsplan zufolge werden Großaktionär Michael Tojner sowie Porsche neue Varta-Eigentümer. Zusammen werden sie eine Kapitalspritze von 60 Millionen Euro geben. Von den Gläubigerbanken kommen weitere 60 Millionen als vorrangig besicherte Darlehen.
Bei Atos ist das Verfahren nach französischem Recht sehr viel intransparenter. Wer zu den ausgewählten Geldgebern durch Bezug der neuen Aktien gehört, wurde in der Mitteilung vom Mittwoch jedenfalls nicht genannt. Zudem ist hier alles ein paar Nummern größer: Statt um zweistellige Millionensummen geht es um Milliarden. Und klar: Während Varta weltweit etwa 4.500 Menschen beschäftigt, hatte Atos – vor Anteilsverkäufen – zuletzt knapp 100.000 Mitarbeiter.
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