Wer an die Börse denkt, denkt wahrscheinlich spontan an Aktien. Es gibt aber noch viel mehr Wertpapiere, in die Sie direkt investieren können – zum Beispiel Anleihen. Anleihen gelten im Vergleich zu Aktien als risikoärmere Anlage. Außerdem übersteigt das Kapitalvolumen des Anleihemarktes (auch Rentenmarkt genannt) das des Aktienmarktes bei weitem.
Doch was genau ist eine Anleihe? Wie funktioniert der Rentenmarkt? Wie kann ich als Anleger in Anleihen investieren? Worauf muss ich achten?
Was ist eine Anleihe?
Eine Anleihe ist im Wesentlichen ein Darlehen oder eine Finanzierungsvereinbarung. Einfach ausgedrückt, gewähren Sie einer Organisation ein Darlehen, das diese nach einer zuvor festgelegten Zeitperiode an Sie zurückzahlt. Als Gegenleistung für dieses Darlehen erhalten Sie regelmäßige Zahlungen (z. B. halbjährlich oder jährlich), die als „Kupon“ bezeichnet werden.
Kreditnehmer (Emittenten) solcher Anleihen sind Unternehmen, Kommunen und Staaten, die mit dem Kapital konkrete Projekte oder das operative Geschäft finanzieren. Als Inhaber von Schuldverschreibungen sind Sie nicht nur Investor, sondern gleichzeitig auch Gläubiger des Emittenten. Er schuldet Ihnen nämlich Geld.
Zu den wichtigsten Merkmalen einer Anleihe gehören der Fälligkeitstermin, zu dem das Kapital an den Investor zurückzuzahlen ist, sowie die Zinsbedingungen. Der Emittent kann Ihnen beispielsweise einen festen Zins versprechen, aber insbesondere bei langlaufenden Anleihen auch variable Zinsraten, die sich etwa am Leitzins orientieren.
Warum Anleihen?
Anleihen sind für Staaten und Unternehmen in der Regel ein Mittel zur Aufnahme von Krediten. Regierungen sind darauf angewiesen, Straßen, Schulen, Dämme oder andere Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Auch Unternehmen leihen sich häufig Geld für die Expansion ihres Geschäfts, den Kauf von Immobilien und Anlagen, die Durchführung gewinnbringender Projekte, Forschung und Entwicklung oder die Einstellung von Mitarbeitern.
Ein Problem für Großunternehmen ist häufig, dass sie meist einen höheren Kapitalbedarf haben. Eine einzelne Bank muss sich dann sehr genau überlegen, ob sie sich einen Kredit in dieser Größenordnung langfristig leisten kann und will. Möglicherweise wäre sie dazu nur bereit, wenn sich das Kreditrisiko auf mehrere Bankhäuser aufteilt. Das würde das Darlehen aber aus Sicht des Unternehmens wieder verkomplizieren.
Anleihen bieten hier eine praktische Lösung für das Problem, da viele einzelne Investoren die Rolle des Kreditgebers übernehmen können. Öffentliche Anleihenmärkte schließen sozusagen eine Vielzahl von Anlegern zu einem Pool zusammen, damit ein wichtiger Teil des weltweiten Kreditgeschäfts finanziert werden kann. Die Rentenmärkte sorgen zudem dafür, dass Inhaber von Schuldverschreibungen jederzeit ihre Anteile abstoßen und neue Käufer einsteigen können, auch wenn eine Anleihe schon lange auf dem Markt ist.
Wie funktionieren Anleihen?
Anleihen haben bei der Emission einen festen Nennwert, der von der Stückelung abhängt. Wenn der Emittent eine Anleihe über 1 Milliarde Euro in 1.000 Stück aufteilt, beträgt der Nennwert pro Stück 1 Million Euro. Bei 10.000 Stück beträgt der Nennwert 100.000 Euro, bei 1 Mio. Stück 1.000 Euro usw.
In den meisten Fällen entspricht der Nennwert jedoch nicht dem tatsächlichen Marktpreis, der sich im Laufe der Zeit ergibt. Dieser reale Kurswert hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- der Bonität des Emittenten
- der Zeit bis zur Fälligkeit
- dem Kupon im Vergleich zum allgemeinen Zinsumfeld zu diesem Zeitpunkt
Ein Anleger in Anleihen ist nicht dazu verpflichtet, eine Anleihe bis zum Ende ihrer Laufzeit zu halten. Gleichzeitig kann auch der Kreditnehmer seine Anleihe frühzeitig kündigen und tilgen, sofern er sich dieses Recht in den Anleihekonditionen gesichert hat. Dies kann sinnvoll für ihn sein, sollten die Zinsen sinken oder sich seine Kreditwürdigkeit gebessert haben. Dann könnte er sich nämlich zu einem günstigeren Zinssatz Geld leihen.
Merkmale von Anleihen
Einige grundlegende Merkmale sind den meisten Anleihen gemeinsam:
- Der Nennwert oder Nominalwert entspricht dem Betrag, den Sie zum Fälligkeitstermin der Anleihe als Rückzahlung erhalten. Er dient dem Emittenten auch als Bezugsgröße, wenn er berechnet, wie viel Zinsen zu zahlen sind. Ein Beispiel: Ein Anleger kauft eine Anleihe nicht bei offizieller Ausgabe, sondern erwirbt sie zu einem späteren Zeitpunkt am Rentenmarkt mit einem Aufschlag. Statt des Nennwerts von 1.000 Euro zahlt er einen Marktpreis von 1.090 Euro pro Stück. Die Börsenkurse ändern sich und ein anderer Investor zahlt später nur 950 Euro je Schuldschein. Wenn die Anleihe jedoch ausläuft, bekommen beide Anleger jeweils 1.000 € zurückerstattet.
- Der Emissionspreis oder Ausgabepreis ist der Preis, zu dem die Schuldverschreibung ursprünglich vom Aussteller ausgegeben wurde. In der Regel entsprechen Ausgabepreis und Nominalwert einander.
- Der Fälligkeitstag ist der Stichtag, zu dem der Kreditnehmer sein Darlehen vollständig zurückzahlen muss. Als Anleger bekommen Sie dann den Nennwert der Schuldverschreibung ausgezahlt.
- Der Kupon ist die Verzinsung des Nennwertes der Anleihe durch den Emittenten der Anleihe in Form eines Prozentsatzes. Ein Kupon von 5 % bedeutet zum Beispiel, dass ein Investor auf 1.000 Euro Nominalwert jährlich 5 % Zinsen erhält, also 50 Euro.
- Die Kupontermine geben an, wann der Emittent der Anleihe die Zinsen auszahlt, d. h. wann die Anleihe verzinst wird. Die Zinszahlungen können in beliebigen Abständen erfolgen, in der Regel werden sie jedoch halbjährlich geleistet.
Bonität
Die wichtigsten Faktoren, die Einfluss auf die Höhe des Zinssatzes haben, sind die Bonität des Kreditnehmers und die Laufzeit der Anleihe. Hat der Emittent ein schlechtes Kreditrating, ist das Risiko eines Zahlungsausfalls höher und diese Anleihen sind höher verzinst.
Wenn Sie Anleihen mit kurzer und und langer Laufzeit vergleichen, die beide vom gleichen Emittenten stammen, wird Ihnen sofort ins Auge springen, dass die Anleihe mit langer Laufzeit besser verzinst ist. Das ist eine Grundregel, die für den gesamten Rentenmarkt zutrifft. Grund hierfür: Als Anleger tragen Sie bei einem längeren Investment ein viel größeres Risiko, dass sich Inflation und Zinsen verändern. Und dies hat wiederum Auswirkungen auf Ihre reale Rendite.
Ratingagenturen wie Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch Ratings bewerten, schließlich wie kreditwürdig ein Emittent ist und welche Bonität seine Anleihe folglich besitzt. Die hochwertigsten Anleihen bezeichnet man gemeinhin als „Investment Grade“. Das können Anleihen von großen Volkswirtschaften wie den USA oder Deutschland sein, aber auch Schuldtitel von finanziell solide aufgestellten Großkonzernen.
Anleihen, die nicht als „Investment Grade“ eingestuft werden, aber nicht zahlungsgestört sind, werden als „High-Yield Bonds“ oder „Junk Bonds“ bezeichnet. Bei diesen Anleihen besteht ein höheres Risiko, dass sie in Zukunft ausfallen, und die Anleger verlangen einen höheren Kupon, um sie für dieses Risiko zu entschädigen.
Duration
Bei sich ändernden Zinssätzen steigt oder fällt der Wert von Anleihen und Anleihenportfolios. Diese Empfindlichkeit gegenüber Änderungen des Zinsumfelds wird in der deutschen Sprache manchmal als Kapitalbindungsdauer bezeichnet, meist wird jedoch der englische Fachausdruck „Duration“ benutzt.
Der Begriff Duration ist für den Neueinsteiger in den Rentenmarkt auf den ersten Blick verwirrend, da es sich dabei nicht um den Zeitraum bis zur Fälligkeit einer Anleihe handelt. Vielmehr beschreibt die Duration, wie stark der Kurs eines Wertpapiers bei Zinsänderungen steigt oder fällt.
Eine höhere Duration bedeutet, dass die Anleihe empfindlicher auf Zinsänderungen reagiert, während eine niedrigere Duration bedeutet, dass die Anleihe weniger empfindlich auf Zinsänderungen reagiert.
Beispielsweise würde eine Anleihe mit einer Duration von 5 Jahren bei einem Zinsanstieg von 1 % einen Kursrückgang von 5 % verzeichnen. Im Vergleich dazu würde eine Anleihe mit einer Duration von 10 Jahren bei einem Zinsanstieg von 1% einen Kursrückgang von 10% erleiden.
Konvexität
Die Rate, mit der sich die Zinssensitivität einer Anleihe oder eines Anleiheportfolios ändert, wird als Konvexität bezeichnet. Die Konvexität beschreibt die Krümmung der Renditekurve und gibt an, wie stark sich der Kurs einer Anleihe bei einer Änderung des Zinssatzes ändert. Die Berechnung der Konvexität ist schwierig und die Analyse ist in der Regel Aufgabe von Experten.
Die Konvexität ist wichtig, weil sie die Duration und die Rendite bis zur Fälligkeit einer Anleihe beeinflusst. Im Allgemeinen gilt: Je höher die Konvexität einer Anleihe, desto stärker steigt ihr Kurs, wenn die Zinsen sinken, und desto schwächer sinkt er, wenn die Zinsen steigen.
Ein Beispiel: Betrachten wir zwei Anleihen mit gleicher Laufzeit und gleicher Duration. Sinken die Zinsen um 1%, so steigt der Kurs der Anleihe mit der höheren Konvexität stärker als der Kurs der Anleihe mit der niedrigeren Konvexität. Gleichzeitig wird der Kurs der Anleihe mit der höheren Konvexität aber auch stärker fallen, wenn die Zinsen um 1% steigen.
Kategorien von Anleihen
Die Anleihen, die Sie am Rentenmarkt erwerben können, unterteilen sich grob in vier wesentliche Kategorien:
- Unternehmensanleihen: Unternehmen geben Anleihen aus, um sich Fremdkapital zu beschaffen, da die Anleihemärkte niedrigere Zinssätze und günstigere Bedingungen als etwa der Bankenmarkt bieten.
- Staatsanleihen: Emittent ist ein souveräner Staat, der über die Schulden meist seinen Haushalt finanziert, eventuell auch konkrete Infrastrukturprojekte. Sie unterscheiden sich vor allem durch ihre Laufzeit, die sich auf den Kupon auswirkt. Für US-Staatsanleihen (auch „Treasuries“ genannt) haben sich die Bezeichnungen „T-Bills“ (Laufzeit bis zu einem Jahr), „T-Notes“ (Laufzeit 1-10 Jahre) oder „T-Bonds“ (Laufzeit über 10 Jahre) etabliert.
- Kommunalanleihen werden von Bundesländern und Kommunen begeben. Solche Kommunalanleihen sind vor allem im angloamerikanischen Raum verbreitet, wo einige Kommunalanleihen den Anlegern steuerfreie Kuponerträge bieten. Es gibt sie aber auch in Deutschland.
- Agency-Anleihen sind Anleihen, die von speziellen staatlichen Agenturen oder von staatlich geförderten Einrichtungen zur Förderung bestimmter wirtschaftlicher Ziele begeben werden. Das können zum Beispiel Unternehmen wie Fannie Mae, Ginnie Mae oder Freddie Mac sein, die in den USA mit staatlicher Unterstützung auf dem Markt der Hypothekenfinanzierung tätig sind. In Deutschland gibt es keine direkt vergleichbare Kategorie von Anleihen. Es gibt jedoch ähnliche Wertpapiere, wie z.B. Pfandbriefe oder Kommunalobligationen, die von bestimmten staatlichen oder halbstaatlichen Institutionen emittiert werden.
Verschiedene Arten von Anleihen
Es gibt viele verschiedene Arten von Anleihen, die Anlegern zur Verfügung stehen. Sie können sich im Zinssatz, in der Art der Zins- oder Kuponzahlung, im Rückzahlungsrecht des Emittenten oder in anderen Merkmalen unterscheiden. Im Folgenden sind einige der gängigsten Varianten aufgeführt.
Nullkupon-Anleihen
Nullkuponanleihen sind Wertpapiere, die keine regelmäßigen Zinszahlungen leisten. Stattdessen ergibt sich der Zinsertrag am Ende der Laufzeit aus der Differenz zwischen Kaufpreis und Rückzahlungsbetrag. Diese Differenz zwischen Kaufpreis und Rückzahlungsbetrag wird auch als „Discount“ oder „Abschlag“ bezeichnet.
Da bei Nullkuponanleihen keine periodischen Zinszahlungen erfolgen, haben sie in der Regel einen niedrigeren Emissionskurs als Anleihen mit periodischen Zinszahlungen. Anleger können von Nullkuponanleihen profitieren, indem sie sie zu einem niedrigeren Preis erwerben und bei Fälligkeit den Nennwert erhalten, was einer höheren Rendite entspricht als bei anderen Anleihen mit vergleichbarer Laufzeit und Bonität.
Nullkuponanleihen sind besonders für Anleger interessant, die eine sichere Anlage mit festem Ertrag suchen und bereit sind, auf laufende Zinszahlungen zu verzichten. Sie werden auch als Zerobonds oder Z-Bonds bezeichnet.
Wandelanleihen
Wandelanleihen sind eine besondere Art von Anleihen, die dem Inhaber das Recht einräumen, seine Anleihe in eine vorher festgelegte Anzahl von Aktien des Emittenten umzuwandeln. Der Emittent (das Unternehmen) kann den Inhabern von Wandelanleihen entweder das Recht einräumen, die Anleihe zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Laufzeit oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Laufzeit in Aktien umzuwandeln.
Durch die Wandlung der Wandelanleihe in Aktien kann der Anleger von einer positiven Entwicklung des Aktienkurses des Emittenten profitieren. Steigt der Aktienkurs des Emittenten, steigt auch der Wert der Wandelanleihe, da die Möglichkeit besteht, die Anleihe in Aktien umzuwandeln, die dann zu einem höheren Preis verkauft werden können.
Wandelanleihen haben in der Regel einen niedrigeren Kupon (Zinssatz) als herkömmliche Anleihen, da die Wandlungsmöglichkeit in Aktien dem Anleger einen zusätzlichen Vorteil bietet. Allerdings sind Wandelanleihen oft volatiler als herkömmliche Anleihen, da ihr Wert eng mit dem Aktienkurs des Emittenten verbunden ist.
Beispiel
Stellen Sie sich ein Unternehmen vor, das zur Finanzierung eines neuen Projekts eine Anleihe über 100 Millionen Euro aufnehmen muss. Da es sich um ein mittelgroßes Unternehmen handelt, ist die Kreditwürdigkeit gering und die Anleihe müsste den Investoren einen Kupon von mindestens 10 % bieten, damit sie sich dafür interessieren.
Würde das Unternehmen nun eine Wandelanleihe begeben, wären die Investoren möglicherweise schon mit einer Verzinsung von 6-7 % zufrieden. Ist das Projekt erfolgreich, könnte sich dies positiv auf den Aktienkurs auswirken und eine entsprechend lukrative Rendite ergeben. Sie gehen jedoch ein höheres Risiko ein, da es für das beschriebene Szenario keine Garantie gibt.
Die Wandelanleihe könnte für das Unternehmen die beste Lösung sein, da es in der Anfangsphase des Projekts geringere Zinszahlungen leisten müsste. Wandeln die Investoren ihre Anleihe, verwässert sich zwar der Anteil der Altaktionäre, das Unternehmen muss aber weder Zinsen noch Kapital zurückzahlen.
Kündbare Anleihen
Kündbare Anleihen gibt es in zwei Varianten. Einerseits kann sich der Emittent die Option einräumen lassen, die Anleihe vor dem Fälligkeitsdatum zu kündigen und zurückzukaufen („callable bond“). Zum anderen kann der Anleger bei bestimmten Anleihen das gleiche Recht in Anspruch nehmen („puttable bond“).
Option 1: Callable
Bei einer Callable Bond hat der Kreditnehmer das Recht, die Schuldverschreibung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder zu verschiedenen Zeitpunkten vor dem Fälligkeitstermin zurückzukaufen. Der Emittent kann dies tun, wenn die Zinsen sinken und er die Anleihe zu einem niedrigeren Zinssatz refinanzieren möchte.
Der Vorteil für den Emittenten liegt darin, dass er seine Finanzierungskosten senken kann. Für den Anleihegläubiger bedeutet dies jedoch ein größeres Risiko, da er nicht sicher sein kann, wie lange er die Anleihe halten wird und wie hoch die Rendite sein wird. Deshalb sind kündbare Anleihen weniger wertvoll als nicht kündbare Anleihen mit gleicher Laufzeit, Kuponhöhe und Kreditrating.
Beispiel: Ein Unternehmen begibt eine Anleihe über 100 Mio. EUR mit einem Kupon von 10 % und einer Laufzeit von 10 Jahren. Nun, im fünften Jahr der Laufzeit, sinken die Zinsen am Markt. Oder das Unternehmen hat sich in der Zwischenzeit eine bessere Bonität erarbeitet.
Dann könnte das Management überlegen, dass es für das Unternehmen günstiger ist, die laufende 10 %-Anleihe durch eine 8 %-Anleihe zu ersetzen. In diesem Fall wird die alte Anleihe gekündigt und den Anleihegläubigern die Schuldscheine abgekauft. Der Rückkauf kann problemlos querfinanziert werden, sofern man Käufer für die 8%-Anleihe findet.
Option 2: Put-Option
Im Gegensatz zur Call-Option, bei der der Emittent das Recht hat, die Anleihe zurückzukaufen, gibt die Put-Option dem Anleihegläubiger das Recht, die Anleihe zurückzugeben. Dies gibt dem Anleihegläubiger mehr Flexibilität und einen gewissen Schutz vor steigenden Zinsen, da er die Anleihe zurückgeben und zu einem höheren Zinssatz neu investieren kann. Allerdings ist der Zinssatz bei Rückzahlung in der Regel niedriger als der ursprüngliche Zinssatz der Anleihe, da der Emittent das Risiko einer vorzeitigen Rückzahlung durch den Anleihegläubiger berücksichtigen muss.
Der Emittent der Anleihe kann diese Verkaufsoption in die Anleihe einbauen, um den Anleihegläubigern im Gegenzug einen niedrigeren Kupon zu gewähren oder um den Verkäufern der Anleihe einen Anreiz zu geben, das erste Darlehen zu gewähren. Eine Anleihe mit Put-Option wird meist zu einem besseren Kurs gehandelt als eine Anleihe ohne diese Option, aber mit der gleichen Laufzeit, Bonität und Verzinsung, da sie für die Investoren einen höheren Wert hat.
Die möglichen Kombinationen von Wandelrechten und Call- und Put-Optionen in einer Anleihe sind mannigfaltig. Es gibt keinen strikten Standard auf dem Markt. Einige verfügbare Anleihen beinhalten sogar mehrere Optionsarten, was Vergleiche verkompliziert. Deshalb verlassen sich Privatanleger in solchen Fällen auf Anleiheexperten, um einzelne Anleihen oder Anleihefonds auszuwählen, die ihren Anlagezielen entsprechen.
Wie errechnet sich der Kurs einer Anleihe?
Der Kurs einer Anleihe kann sich auf täglicher Basis ändern, so wie Sie es von Aktien kennen. Der Marktpreis einer Anleihe wird durch Angebot und Nachfrage, vor allem aber durch die Zinsentwicklung in der Wirtschaft bestimmt. Denn der Emittent einer festverzinslichen Anleihe hat sich zur Zahlung eines Zinskupons auf Basis des Nennwerts der Anleihe verpflichtet – bei einer Anleihe mit einem Nennwert von 1.000 Euro und einer jährlichen Verzinsung von 5 % zahlt der Emittent dem Anleihegläubiger also jedes Jahr 50 Euro.
Wenn der Marktzinssatz höher ist als der Kupon, liegt der Marktpreis der Anleihe unter dem Nennwert, da die Anleger zukünftig höhere Renditen erwarten. Wenn der Marktzinssatz niedriger als der Kupon ist, wird der Marktpreis der Anleihe über dem Nennwert liegen, da die Anleger bereit sind, für eine höhere Rendite mehr zu zahlen.
Beispiele
Angenommen, das Zinsniveau zum Zeitpunkt der Emission der oben genannten Anleihe hätte ebenfalls 5 % betragen, was sich z. B. in der Verzinsung einer kurzfristigen Staatsanleihe widerspiegelt. Unter diesen Umständen wäre es für einen Anleger gleichgültig, ob er in die Unternehmensanleihe oder in die Staatsanleihe investiert, da beide eine Rendite von 50 Euro abwerfen.
In den Jahren nach dem Kauf der Anleihe verschlechtert sich jedoch die wirtschaftliche Lage. Die Zentralbanken senken die Zinsen und der Referenzzinssatz für den Markt sinkt auf 2,5 Prozent. Nun kann der Anleger mit der Staatsanleihe nur noch 25 Euro erwirtschaften, mit der Unternehmensanleihe würde er immer noch 50 Euro erhalten.
Diese Differenz macht die Unternehmensanleihe wesentlich attraktiver. Daher werden die Anleger am Markt so lange auf den Kurs der Unternehmensanleihe bieten, bis diese mit einem Aufschlag gehandelt wird, der dem aktuellen Zinsumfeld entspricht. Dann würde der Kurs der Anleihe auf 2.000 € steigen. Denn 2,5 % von 2.000 € ergeben 50 € – so viel würde man jetzt in die Staatsanleihe investieren müssen, um auf den gleichen Zinsertrag zu kommen.
Steigt der Marktzins hingegen auf 7,5 %, könnte ein Anleger mit der Staatsanleihe von 1.000 Euro nun 75 Euro verdienen und würde nicht 1.000 Euro zahlen, um nur 50 Euro zu verdienen. Anleiheinhaber würden die Anleihe bis zu einem Kurs von 666,67 Euro abverkaufen. Denn erst zu diesem Kurs ergeben die 50 Euro Zinszahlung wieder eine Rendite von 7,5 %, die potenzielle Käufer anlocken könnte.
Zusammenhang zwischen Anleihekursen und Zinsen
Auf dem Anleihemarkt gilt die Faustregel, dass sich der Kurs einer Anleihe umgekehrt proportional zu den Marktzinsen verhält. Steigen die Zinssätze, fallen die Kurse auf dem Rentenmarkt. Die Zinssätze der Anleihen müssen sich an das aktuelle Zinsniveau anpassen und umgekehrt.
Wie hoch wäre aber die Rendite der Anleihe in unserem Beispiel, wenn sich der Kurs anstatt der Zinssatz ändern würde? Wenn der Kurs beispielsweise von 1.000 € auf 800 € fällt, steigt die Rendite auf 6,25 %.
Das liegt daran, dass man für einen Schuldschein im Wert von 800 Euro die gleichen garantierten 50 Euro erhält (50 € / 800 €). Steigt der Kurs der Anleihe auf 1.200 €, sinkt die Rendite auf 4,17 % (50 € / 1.200 €).
Rückzahlungsrendite
Die Rückzahlungsrendite ist eine weitere wichtige Kennziffer für den Rentenmarkt. Dabei handelt es sich um die erwartete Gesamtrendite einer Anleihe, sofern diese bis zum Ende ihrer Laufzeit gehalten wird. Die Rückzahlungsrendite betrachtet zwar den verbleibenden Gesamtzeitraum bis zur Fälligkeit, errechnet die Rendite jedoch auf jährlicher Basis.
Die Berechnung ist etwas komplizierter, aber sie ist in der Praxis sehr nützlich. Denn Anleger möchten wissen, wie lukrativ eine Anleihe im Vergleich zu anderen ist. Die Rückzahlungsrendite macht Anleihen weitaus besser vergleichbar, als dies zum Beispiel mit Nennwert und Kupon möglich wäre. Sofern Sie Microsoft Excel verwenden, können Sie die Rendite bis zur Fälligkeit (Yield-to-Maturity = YTM) beispielsweise mit der Funktion RENDITE berechnen. Dazu benötigen Sie folgende Daten:
- Kaufdatum
- Fälligkeitsdatum
- Kupon-Zinssatz
- Marktpreis der Anleihe
- Rückzahlungswert/Nennwert
- Häufigkeit der Kuponzahlung pro Jahr (z.B. 2 für halbjährlich)
Die Erläuterungen von Microsoft zur Excel-Funktion finden Sie hier. Alternativ gibt es im Internet zahlreiche Renditerechner, die Ihnen solche Zahlen liefern können.
Sind Anleihen eine gute Anlage?
Anleihen sind in der Regel weniger volatil als Aktien und werden in der Regel zumindest als Teil eines diversifizierten Portfolios empfohlen. Da die Kurse von Anleihen in umgekehrter Richtung zu den Zinssätzen schwanken, steigen sie tendenziell, wenn die Zinssätze fallen.
Wenn Anleihen bis zur Fälligkeit gehalten werden, erhalten Anleger am Ende der Laufzeit ihr gesamtes Kapital zuzüglich der während der Laufzeit gezahlten Zinsen zurück. Aus diesem Grund eignen sich Anleihen häufig für Anleger, die regelmäßige Zinseinkünfte erwarten und ihr Kapital erhalten möchten. Im Allgemeinen empfehlen Experten, dass Personen, die älter werden oder sich dem Ruhestand nähern, ihr Portfolio stärker auf Anleihen ausrichten sollten.
Wie kann ich Anleihen kaufen?
Es gibt einige spezialisierte Anleihenmakler, aber heutzutage bieten die meisten Online- und Discount-Broker Zugang zu den Anleihenmärkten, und Sie können Anleihen mehr oder weniger wie Aktien kaufen. Staatsanleihen werden in der Regel direkt von den Finanzbehörden des jeweiligen Landes verkauft und können über deren Websites erworben werden. Sie können Anleihen auch indirekt über ETFs oder Investmentfonds kaufen, die in ein Portfolio von Anleihen investieren.
Vorteile von Anleihen
- Regelmäßiger Einkommensstrom: Anleger in Anleihen erhalten einen festen Zinssatz, der zum Zeitpunkt des Kaufs im Voraus festgelegt wird. Dies hat den Vorteil, dass der Zinssatz vorhersehbar und stabil ist und Sie genau wissen, wie viel Geld Sie jeden Monat verdienen werden.
- Geringes Risiko: Investitionen in Anleihen gelten im Allgemeinen als weniger riskant als Investitionen in Aktien. Obwohl auch Anleihen gewisse Risiken bergen, gelten sie insgesamt als konservative Anlage.
- Diversifizierung: Anleihen bieten Anlegern die Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren, was ein großer Vorteil ist, da sie ihr Kapital im Falle eines Abschwungs an den Finanzmärkten schützen. Wenn Sie Ihr gesamtes Kapital in Aktien investiert haben und die Märkte einen Abschwung erleben, kann Ihr Portfolio einen erheblichen Geldbetrag verlieren. Wenn Sie jedoch einen Teil Ihres Kapitals in Anleihen investiert haben, ist Ihr Portfolio bis zu einem gewissen Grad geschützt, da sich ein Rückgang am Aktienmarkt weniger stark auf den Anleihemarkt auswirkt.
Nachteile von Anleihen
- Geringeres Wachstumspotenzial: Wenn Sie in Anleihen investieren, verleihen Sie Geld an Unternehmen oder Regierungen, die Geld für Projekte benötigen. Als Gegenleistung für das geliehene Geld erhalten Sie im Laufe der Zeit Zinszahlungen. Dies ist eine gute Möglichkeit, ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen, bietet aber in der Regel nicht das gleiche Wachstumspotenzial wie Aktien.
- Fester Zinssatz: Anleihen sind Kredite, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden und zu einem bestimmten Zinssatz zurückgezahlt werden müssen. Da der Zinssatz fest ist, ist es schwierig, die genaue Rendite vorherzusagen, die Sie bei der Rückzahlung der Anleihe erhalten werden. Eine Alternative wären in diesem Fall Anleihen mit variabler Verzinsung, die ebenfalls auf dem Anleihemarkt erhältlich sind und sich an veränderte Marktbedingungen anpassen.
- Möglicher Zahlungsausfall: Bei einer Investition in Unternehmensanleihen besteht immer die Möglichkeit, dass das Unternehmen mit der Rückzahlung der Anleihe in Verzug gerät. Auch wenn dies nicht häufig vorkommt, ist es ein Risiko, das Sie bei der Anlage in Unternehmensanleihen eingehen.