Liebe Leserinnen und Leser,
AMC Entertainment ist zurück auf dem Radar: 41 % heute in den ersten Stunden. Mehr als 70 % waren es gestern am Montag. Die Aktie geht durch die Decke. Erste private Beobachter in den Foren warten schon gespannt – so heißt es -, wann die Aktie ausgehend von aktuell 6,74 Euro und damit weniger als 7,50 Dollar, wann die Marke von 10 Dollar erreicht wird.
Vor unseren Augen explodiert ein Aktienkurs – und viele Investoren wollen wissen, ob sie a) verkaufen sollten oder b) vielleicht den nächsten Hype verpassen, wenn sie nicht einsteigen. Es sieht allerdings nicht danach aus, als sei hier viel Geld auf sichere Weise zu verdienen.
AMC Entertainment: Achten Sie auf die Volumina
Aus dem Unternehmen selbst ist wenig zu erfahren. Das Unterhaltungs-Unternehmen hat in den vergangenen Wochen und Monaten eher enttäuscht und auch an den Börsen Werte vernichtet. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen Kursausbruch sind denkbar ungünstig.
Der Umsatz wird im laufenden Jahr auf gut 4 Milliarden Dollar geschätzt, was immerhin bedeutet, dass das Unternehmen eine wirtschaftliche Relevanz hat und nicht einfach als unbedeutend qualifiziert werden kann.
Das Nettoergebnis wird in den Schätzungen auf ca. -300 Millionen Dollar (und für das kommende Jahr auf weniger als -200 Millionen Dollar) taxiert.
Demgegenüber steht ein Marktwert von 1,5 Milliarden Dollar, was u.a. auch bedeutet, dass die AMC Entertainment kein Penny Stock ist. Das Unternehmen ist auf der einen Seite ein Zocker-Wert, auf der anderen Seite mit sonstigen so massiv schwankenden Titeln nicht zu vergleichen.
Wirtschaftlich betrachtet wäre die aktuelle Bewertung zumindest nicht ungewöhnlich, wenn Investoren auf eine wirtschaftlich seriös bessere Entwicklung in den kommenden Jahren setzen könnten. Allein: Es gibt keine Nachrichten aus dem Haus, die ausgerechnet jetzt darauf deuten würden.
Und dennoch sieht es im Chartbild so aus, als würde der Kurs des Papiers einfach explodieren.
AMC Entertainment Aktie Chart
Die Kursperformance der AMC Entertainmen...-Aktie
Die Stimmung am Markt war unter wirtschaftlich interessierten Investoren und Analysten denn auch in den vergangenen Tagen relativ zurückhaltend. Erst vor wenigen Tagen gab es eine Telefonkonferenz zu den Zahlen im ersten Quartal.
Die Zahlen waren nicht so schlecht, wie es bei reinen Zocker-Werten oft zu erwarten wäre. Auf der anderen Seite ist die Situation auch nicht so gut, wie dies in der Kursexplosion zum Ausdruck kommt.
Analysten hatten für das erste Quartal einen Umsatz von 906 Millionen Dollar erwartet. Tatsächlich meldete AMC Entertainment einen Umsatz von 951 Millionen Dollar – und lag damit fast auf Vorjahresniveau. Damals war der Umsatz im ersten Quartal mit 954 Millionen Dollar geringfügig höher. Umsatzseitig gab es also eine leichte positive Überraschung, die aber keinen Sprung nach oben begünstigen kann.
Der bereinigte Verlust pro „verwässerter Aktie“ (bezogen auf Kapitalmaßnahmen) lag bei -0,78 Dollar, Analysten waren von -0,77 Dollar ausgegangen. Hier gab es sogar eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr, als das Unternehmen einen Verlust von -1,31 Dollar meldete.
Also alles in allem recht brauchbare Zahlen, würden Investoren und Analysten auf den ersten Blick vermuten – aber eine Kursexplosion gibt das Zahlenmaterial nicht her.
Hier wird gezockt!
Es sieht eher so aus, als sollte einfach gestoppt werden. Das Augenmerk liegt dabei auch oder vielleicht sogar vor allem bei GameStop. Diese Aktie hat nach einer Meldung wieder das Interesse auf sich und damit auch auf die Branche gezogen.
Dort decken sich – so teils die Erläuterungen – offenbar Short-Investoren ein, die bei fallenden Kursen gute Geschäfte machen wollten und nun wieder auf den fahrenden Zug aufspringen. Das ist indes bis dato reine Spekulation.
Bei AMC Entertainment könnte dies ggf. auch ein Kaufmotiv sein. Oder es wird schlicht und ergreifend spekuliert. Die sehr auffallende Bewegung beschreibt alles, was Investoren dazu wissen müssen:
Die Handelsvolumina sind explodiert, was bedeutet, der Markt wird von vergleichsweise wahrscheinlich wenigen Teilnehmern überrannt. Vor Tagen noch wurden in München bspw. gut 4.900 Stücke an einem Tag gehandelt, am darauffolgenden Tag (dem Freitag), waren es 29.000 Stücke. Am Montag gingen demgegenüber 355.000 Stücke über das Parkett – und auch am Dienstag sind in den ersten 90 Minuten fast 100.000 Papiere gehandelt worden.
Insgesamt sind im Durchschnitt der vergangenen 20 Tage täglich gut 36.000 Stücke gehandelt worden.
Es sieht so aus, als ob hier eine Rallye stattfindet, die niemand richtig beherrschen kann. Wirtschaftlich begründet ist nichts: Einzelne Investoren saugen das Papier am Markt auf – entweder, um sich als Short-Investoren einzudecken oder um schlicht zu spekulieren. Die Volumen-Bewegung ist indes so massiv, dass die Rallye eine reine Spekulationsblase ist. Niemand kann wissen, wann diese endet.
Um das Geschehen einzuordnen: Der Kurs liegt über ein Jahr betrachtet dennoch weit (mit mehr als 60 %) im Minus. Die Spekulation treibt hier außergewöhnliche Blüten auf niedrigem Niveau.
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