Seit einigen Wochen sorgt die AMC Entertainment-Aktie an den Börsen für viel Aufsehen. Zuvor hatten viele Analysten den Titel schon mehr oder weniger abgeschrieben und die Shortseller stürzten sich mit Begeisterung auf ihn. Genau das rief wiederum die Kleinanleger des berüchtigten Subreddits „wallstreetbets“ auf den Plan.
Gezielt beförderten jene die Kurse in ungeahnte Höhen und stellten von Mitte Mai bis Mitte Juni ein Kursplus von rund 350 Prozent auf die Beine. Skeptische Naturen waren und sind sich sicher, dass diese Zugewinne nicht von Dauer sein werden. In Stein gemeißelt ist das aber noch lange nicht.
Fundamental spricht einiges gegen die AMC Entertainment-Aktie. Die Geschäfte in den US-Kinos laufen eher gemächlich wieder an, noch dazu treibt die Delta-Variante des Coronavirus die Infektionszahlen wieder in die Höhe und die Konsequenzen darauf sind noch nicht abzusehen. Wo derzeit mit Filmen Geld verdient wird, zeigt stattdessen Disney.
Der Medienriese veröffentlichte jüngst seinen Blockbuster „Black Widow“ sowohl in den Kinos als auch im Internet. Dass dieses Angebot bei einem Preis von 30 US-Dollar besonders gut angenommen wird, daran bestanden so einige Zweifel. Konzernangaben zufolge wurden jedoch tatsächlich etwa 60 Millionen Dollar damit eingenommen.
Kinofilme für Zuhause scheinen also ein durchaus zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu sein und genau das bedroht die Existenzgrundlage von AMC umso mehr. Wie unter den derzeitigen Voraussetzungen überhaupt noch signifikantes Wachstum erreicht werden soll, lässt sich so einfach gar nicht beantworten. Zumindest für den Moment ist das aber auch nicht unbedingt notwendig.
Kampfansage an die Leerverkäufer
Der Einfluss der Kleinanleger an den Börsen ist in keiner Weise zu unterschätzen. Anfang des Jahres bewiesen sie bei der Gamestop-Aktie sehr eindrucksvoll, dass sie auch entgegen der Prognosen von Analysten für nachhaltige Kursgewinne sorgen können. Die Papiere des Videospielehändlers mögen heute nicht mehr in die Nähe der Höchststände gelangen.
Sie konnten sich aber auf einem sehr hohen Niveau stabilisieren und blicken im Jahresvergleich auf einen Kurszuwachs von sagenhaften 735 Prozent. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die AMC Entertainment-Aktie eine ganz ähnliche Entwicklung durchmachen wird. Das gilt zumindest so lange, wie die Bullen bei dem Titel am Ball bleiben.
Nicht selten reagieren die Reddit-Anleger auch ganz bewusst auf alles, was aus der Richtung der Leerverkäufer kommt. Als ein größerer Hedgefonds kürzlich seinen Investoren baldige Verluste bei der AMC Entertainment-Aktie in Aussicht stellte, reagierte die Aktie prompt mit hohen Kurszuwächsen. Was sich hier abspielt, ist die nächste Runde im Kampf zwischen Kleinanlegern und Shortsellern.
Die Rede ist oft auch vom ganz großen Short Squeeze. Bei einem solchen müssten die Leerverkäufer gezwungenermaßen Anteile zu hohen Kursen nachkaufen, was die Kurse weiter in die Höhe treibt und die Verluste bei den Hedgefonds steigert. Im Extremfall könnte dadurch eine nahezu endlose Spirale in Gang geraten.
AMC nutzt die Gunst der Stunde
Inmitten dieses Chaos nutzte AMC selbst die hohen Kurse, um gleich mehrere Kapitalerhöhungen durchzuboxen. Aufgrund des regelrechten Hypes um die Aktie fiel das noch nicht einmal weiter auf und stoppte die Kurszuwächse kaum in einem spürbaren Ausmaß. Dem Management gelang es so, sich relativ schmerzfrei mit frischen Geldmitteln auszustatten.
Die sollen nun genutzt werden, um aktiv in das Wachstum des Konzerns zu investieren. In den Ohren der Aktionäre klingt das zunächst hervorragend. Es stellt sich aber die berechtigte Frage, ob eine großangelegte Expansion überhaupt sinnvoll ist, wenn dafür schlicht die Nachfrage fehlt.
Fraglich ist auch, ob eine Bewertung von aktuell fast 11 Milliarden US-Dollar noch irgendwie in einem gesunden Verhältnis zu den Umsätzen steht. Die lagen im ersten Quartal des laufenden Jahres gerade mal bei knapp 150 Millionen Dollar und unter dem Strich fuhr AMC happige Verluste ein. All das sind Faktoren, die es von Anlegern zu berücksichtigen gilt.
Die Risiken bei der AMC Entertainment-Aktie sind nicht von der Hand zu weisen
Im Chart zeigt sich bei der AMC Entertainment-Aktie seit den Höchstständen im Juni eine deutliche Korrektur. Mittlerweile hat der Titel wieder um rund die Hälfte an Wert verloren und fiel bis zum Wochenende an den hiesigen Märkten auf nur noch 27,48 Euro zurück. Auch wenn das noch sehr deutlich über den Kursen aus dem Frühjahr liegt, zeichnet sich ein klarer Trend ab.
Aufhalten ließ der sich in den vergangenen Wochen einzig durch Neuigkeiten in irgendeiner Form. Die müssen noch nicht einmal positiv sein, um dennoch eine Reaktion in Form von Kursgewinnen nach sich zu ziehen. Bisher reichte es aber zu keinem Zeitpunkt aus, um eine Trendwende auszulösen.
Eine Kaufempfehlung kann es deshalb für die AMC Entertainment-Aktie nicht geben. Vielleicht wird es nicht zum ganz großen Crash kommen, wie ihn einige Analysten und vor allem Leerverkäufer prognostizieren. Wahrscheinlich ist aber, dass die Kursabschläge sich noch etwas fortsetzen und es irgendwo unter dem aktuellen Niveau zu einer Stabilisierung kommt.
In der Zwischenzeit spielen Fundamentaldaten kaum eine größere Rolle. Lediglich große Überraschungen bei den nächsten Zahlen können wohl noch nennenswerten Einfluss auf die Kurse nehmen. Ansonsten steht weiterhin im Vordergrund, was die Trader von wallstreetbets dem anhaltenden Druck von oben entgegenzusetzen haben.
Selbst wenn diese am Ende siegreich von Dannen ziehen sollten, ist das Risiko bei der AMC Entertainment-Aktie schlicht zu hoch, um darin größere Summen zu versenken. Allenfalls ein Einstieg mit „Spielgeld“, bei dem Anleger hohen Verlusten nicht hinterhertrauern, wäre eine halbwegs valide Option, um hier Zukäufe zu wagen. Wer mit solch hohen Risiken nichts anfangen kann, verabschiedet sich so schnell wie möglich und sieht sich nach ruhigeren Gewässern um.
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