Während sich die Regierungen in China und neuerdings auch den USA immer stärker mit politischen Mitteln für ihre Unternehmen einsetzen, hatte man die Industriepolitik in Deutschland und Europa in den letzten Jahren nicht einmal mit der Kneifzange angefasst.
Nachdem allerdings Wirtschaftsminister Peter Altmaier kürzlich seine „Nationale Industriestrategie 2030“ vorgestellt hatte, scheint es hierzulande nun plötzlich immer mehr Befürworter für gezielte staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zu geben. Dazu zählt offenbar auch Allianz-Chef Oliver Bäte, der jetzt in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ seine Sichtweise zu Protokoll gab.
Bäte bezeichnet Europa als „etwas naiv“
Ihm zufolge sei Europa in dieser Frage „etwas naiv“. „Ich glaube schon, dass es sehr wichtig ist, dass Europa sich so etwas wie eine Industriestrategie gibt.“ Jeder größere außereuropäische Staat sei mit der Frage konfrontiert, wohin die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden zwei Dekaden gehe und welche die eigenen Schlüsselindustrien seien. Dies gelte insbesondere für China, aber mittlerweile auch für die Vereinigten Staaten, konstatierte Bäte. „Wir machen uns auf diesem Gebiet bisher viel zu wenig Gedanken.“
Hierfür müssten die Europäer nicht nur Pläne zur Bankenunion forcieren, „sondern auch zur Energiestrategie von Europa, zur Verteidigungsstrategie und zur Technologiestrategie“. Bäte forderte im „Handelsblatt“-Interview auch, dass der Kontinent deshalb seine Kleinstaaterei hinter sich lassen solle. Tatsächlich könnte sich Ende März ein Paradigmenwechsel auf europäischer Ebene anbahnen. Dann nämlich will Kanzlerin Angela Merkel auf einem EU-Gipfel mit ihren Amtskollegen über eine Neuausrichtung der europäischen Industriepolitik debattieren.
Deutsche Bank-Fusion nicht erzwingbar
Übrigens: Der Allianz-Manager äußerte sich auch zur möglichen Deutsche Bank-Fusion mit einem anderen Geldhaus. „Es wäre naiv davon auszugehen, dass Deutschland als Volkswirtschaft auf Dauer ohne eine große, international tätige Bank erfolgreich sein kann“, so Bäte im „Handelsblatt“-Interview auf die Frage, ob eine Bankenfusion notwendig sei. „Aber erzwingen können sie es auch nicht. Das muss man sich erarbeiten.“
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