Allianz-Aktie: Immer noch zu günstig?

Es gibt eine Menge zu besprechen bei der Allianz SE. Vergangene Woche hat der Dax-Konzern nicht nur seine Ergebnisse für das zweite Quartal und ein neues Aktienrückkaufprogramm vorgestellt. Die Geschäftsleitung legte auch Schätzungen vor, mit welchen Verlusten der Versicherer durch den Sturm Bernd und die Überschwemmungen in Mitteleuropa zu rechnen hat. Zuvor gab der Vorstand zudem bekannt, dass das US-Justizministerium (DOJ) eine Untersuchung gegen den Konzern eingeleitet hat.

Der Nachrichten-Mix hat die Anleger zunächst verunsichert. Die Allianz-Aktie verlor vergangene Woche fast sechs Prozent, stabilisierte sich in den vergangenen Tagen jedoch wieder auf der 200-Euro-Marke. Wie geht es für den Titel nun weiter? Ein Kurz-Briefing für Sie.

Starke Quartalszahlen

Die Zahlen und Wachstumsraten, welche die Allianz am vergangenen Freitag vorgelegt hat, sind durchaus beeindruckend. Der Umsatz kletterte im zweiten Quartal auf 34,3 Milliarden Euro – ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 10,9 Prozent. Das operative Ergebnis betrug mehr als 3,3 Milliarden Euro, was im Vorjahresvergleich einem Anstieg von fast 30 Prozent entspricht. Der verwässerte Gewinn je Aktie stiegt sogar um knapp 42 Prozent auf 5,22 Euro. Ähnlich ansehnlich sind die Zahlen für das erste Halbjahr 2021.

So beachtlich der neue Bericht der Allianz auch ist: Es brauen sich dunkle Gewitterwolken über der Konzernzentrale in Unterföhring bei München zusammen. Zunächst sind da die Auswirkungen der Flutkatastrophe, die allein in Deutschland 181 Menschen das Leben kostete und Sachschäden in Milliardenhöhe verursacht hat. Die Allianz schätzt nun, dass sie aufgrund des Hochwassers Versicherungsleistungen in Höhe von rund 900 Millionen Euro auszahlen muss. Die Summe ist für Konzern zwar nicht katastrophal, wird das Ergebnis jedoch sowohl im laufenden als auch im folgenden Geschäftsjahr spürbar schmälern.

Teurer Rechtstreit?

Darüber hinaus ist die Allianz mit einer weiteren Bedrohung konfrontiert. Anfang des Monats gab der Versicherungsriese bekannt, dass das US-Justizministerium ein Verfahren gegen das Unternehmen eingeleitet hat. Im Fokus der Ankläger stehen zwei der aggressivsten Structured Alpha Funds des Dax-Konzern, die gemeinsam fast 2,3 Milliarden US-Dollar verwalten haben. Anleger der Fonds, zu denen auch Pensionsfonds für Lehrer, LKW-, Bus- und Bahnfahrer gehören, hatten viel Geld verloren, sodass die Allianz gezwungen war, die riskanten Investment-Vehikel zu schließen.

CEO Oliver Bäte kündigte bereits an, dass die Allianz in den kommenden Quartalen Rücklagen bilden wird, um etwaige Geldstrafen und Schadenersatzzahlungen begleichen zu können. Zudem könnte das Ansehen des Versicherungskonzerns durch die Ermittlungen des DOJ nachhaltig geschädigt werden.

Das Allianz-Management hat den Anlegern zumindest bereits versichert, die Dividende nicht zu kürzen, selbst wenn der Konzern tief in die Taschen greifen muss. Es ist jedoch gleichzeitig davon auszugehen, dass die Dividende in naher Zukunft auch nicht erhöht wird.

Aktie unterbewertet?

Neben der jährlichen Dividende hat die Allianz seit 2016 damit begonnen, Aktien zurückgekauft, sodass von den einst rund 460 Millionen ausstehenden Anteilen nur noch rund 412 Millionen im Umlauf sind. Nun kündigte die Allianz ein neues Programm an mit einem Volumen von 750 Millionen Euro, das bis zum Jahresende abgeschlossen werden soll. Beim derzeitigen Kurs kann das Unternehmen mit der Summe fast 4 Millionen Aktien zurückkaufen. Das ist nicht viel, zeigt jedoch, dass das Management zuversichtlich ist und den eigenen Titel noch für unterbewertet hält.

Auch andere Kennzahlen legen diesen Schuss nahe: So wird der Titel derzeit mit einem verhältnismäßig niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp über zehn gehandelt. Auch meine Berechnungen unterschiedlicher Szenarien mit dem Discounted-Cash-Flow-Verfahren legen nahe, dass das Unternehmen nur unter den pessimistischsten Annahmen derzeit fair bewertet ist und eine faire Bewertung im günstigsten Szenario sogar deutlich über 300 Euro liegt.

Trotz einer derzeit wohl zu niedrigen Bewertung des Allianz-Titels ist es durchaus denkbar, dass die Aktie in nächster Zeit aufgrund anhaltend negativer Schlagzeilen auf 170 oder gar 160 Euro sinkt. Für interessierte Anleger könnte es sich somit als sinnvoll erweisen, mit dem Einstieg noch etwas länger zu warten – und bei der tendenziell bereits unterbewerteten Aktie ein echtes Schnäppchen zu machen.

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