Liebe Leserin, Lieber Leser,
vor ziemlich genau acht Wochen sorgte Volkswagen für unzählige Schlagzeilen, als die Beschäftigungsgarantie im Konzern aufgekündigt und Werksschließungen nicht länger als Tabu angesehen wurden. Darauf folgte von Seiten des Managements erstaunlich wenig. Bis heute ist nicht bekannt, welche Standorte vor der Schließung stehen könnten, ob es überhaupt zu solchen Schritten kommt und in welchem Umfang Entlassungen auf den Weg gebracht werden könnten.
Diese Zurückhaltung bringt dem Konzern viel Kritik ein. Bei einer Kundgebung am heutigen Montag in Wolfsburg warf Betriebsratschefin Daniela Cavallo den Verantwortlichen vor, alles in Flammen gesetzt und sich dann verdrückt zu haben. Die Mitarbeiter bangen seither um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Diskutiert wird hinter verschlossenen Türen und an die Öffentlichkeit war nur wenig gedrungen. Cavallo scheint nun aber das Schweigen zu brechen.
Volkswagen spart wohl im großen Stil
An mehrere Tausend Mitarbeiter gerichtet sprach Cavallo davon, dass Volkswagen mindestens drei Werke schließen und Zehntausende Mitarbeiter entlassen wolle. Der Konzernführung wird ein geplanter „Ausverkauf“ vorgeworfen, mit dem sowohl die Wege als auch die Regionen um die herum „ausgeblutet“ werden sollten. Schon am Wochenende war aus Kreisen der Gewerkschaften zu hören, dass eine pauschale Lohnkürzung um zehn Prozent über sämtliche Bereiche angedacht sei. Zudem soll es in den kommenden zwei Jahren eine Nullrunde für die Beschäftigten geben und diverse Boni dem Rotstift zum Opfer fallen.
Was an all diesen Vorwürfen dran sein mag, lässt sich aus der Ferne selbstredend nicht beurteilen. Volkswagen selbst wollte sich dazu bislang nicht äußern. Es dürfte aber kein Zufall sein, dass der Betriebsrat sich nur zwei Tage vor der nächsten Verhandlungsrunde an die Öffentlichkeit wendet und dabei auch einen martialischen Tonfall findet. Das Management soll sehr wahrscheinlich unter Druck gesetzt werden, denn die Verhandlungen dürften so hart wie selten zuvor werden.
Alles für die Marge
Die Gewerkschaft IG Metall will eigentlich ein Lohnplus von sieben Prozent erzielen, was von den Vorstellungen der Konzernführung wohl kaum weiter entfernt sein könnte. Jene strebt einen rigorosen Sparkurs auch nicht aus lauter Spaß an der Freude an. Es wird mit schwachen Absatzzahlen und enttäuschenden Margen argumentiert. Bei der Kernmarke lag letztere im ersten Halbjahr bei gerade einmal 2,3 Prozent. Anwachsen soll sie bis 2026 auf 6,5 Prozent. Allein dafür sollen jährlich vier Milliarden Euro eingespart werden.
Stand heute blickt Volkswagen auf Überkapazitäten. Das Unternehmen sprach vor einer Weile davon, dass 500.000 Fahrzeuge zu wenig verkauft werden würden. Genau das soll korrigiert werden, da sich auf der Nachfrageseite nicht allzu viel zu tun scheint. Aus Sicht des Betriebsrates sind Einsparungen um jeden Preis aber die falsche Antwort. Dort wird stattdessen ein „Angriffsplan“ gefordert, um die Technologieführerschaft zurückzuerobern. An die Politik gerichtet wünscht man sich zudem umfassende Pläne, um die Elektromobilität wieder anzutreiben. E-Autos erlebten vor allem in Deutschland in den letzten Monaten heftige Nachfrageeinbrüche.
Wie geht es bei Volkswagen nun weiter?
In Berlin wird die Angelegenheit eher abwartend verfolgt. Die Bundesregierung spricht sich zwar grundsätzlich dafür aus, dass Volkswagen Arbeitsplätze erhalten solle. Es müsse aber noch abgewartet werden, das der Konzern dazu zu sagen hat. Da eine Einigung nicht einmal ansatzweise in Sicht zu sein scheint, könnte es in den kommenden Wochen noch richtig ungemütlich werden, und das auch für die Aktionäre.
Im November gilt noch die sogenannte Friedenspflicht zwischen Gewerkschaft und Konzern. Ab dem 1. Dezember sind dann aber Warnstreiks wieder möglich. Direkt angekündigt wurden solche zwar noch nicht. Betriebsratschefin Cavallo warnte den Vorstand aber, mit dem Risiko zu spielen, dass bald alles eskaliere. Die Belegschaft könnte dazu gezwungen werden, Gespräche abzubrechen und zu tun, was getan werden müsse, wenn Arbeitnehmer um ihre Existenz fürchten. Das kann zumindest als eine implizierte Streikdrohung verstanden werden.
Der Aktienkurs gibt nach
Voreilige Schlüsse sollten aus alledem nicht gezogen werden und die Betriebsratschefin will vor den Angestellten natürlich mit markigen Sprüchen Stärke demonstrieren. Doch ebenso wenig sollten die absehbaren Reibereien aus Anlegersicht unterschätzt werden. Die angeschlagene Volkswagen-Aktie gab heute bereits um weitere 1,3 Prozent bis auf 91,08 Euro nach. Die Aussicht auf mögliche Abbrüche bei Verhandlungen und Streiks noch vor Jahresende erfüllt die Investoren nicht unbedingt mit Freude.
Volkswagen Aktie Chart
Auch mit Blick auf die öffentliche Diskussion könnten vielleicht auch noch die Dividenden bei Volkswagen ins Visier der Kritiker genommen werden. Zum Teil ist dies aktuell schon der Fall. Dass der Konzern im großen Stil mit Werksschließungen und Stellenkürzungen zu planen scheint, bei den Aktionären aber gefühlt Samthandschuhe anzieht, gefällt längst nicht jedem.
Fazit des Tages: Keine Langeweile in Sicht!
Es ist nicht zwingend gesagt, dass auch hier noch der Sparstrumpf angezogen werden könnte. Es bleibt zudem vollkommen offen, ob die aktuelle Lage weiter eskaliert. Doch da es auf der anderen Seite auch an Aussichten auf schnelle Besserung mangelt, gibt es aus Anlegersicht wenige gute Gründe, um die Seitenlinie zu verlassen. Das sich abzeichnende Spektakel lässt sich als Unbeteiligter zweifellos am entspanntesten verfolgen.
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