Liebe Leserin, Lieber Leser,
es ist längst kein Geheimnis mehr, dass ThyssenKrupp sich in einer tiefen Krise befindet und entsprechend gering waren die Erwartungen an die Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr. Nur wenige Unternehmen bekommen es hin, trotz Milliardenverlusten Kursgewinne an der Börse auf die Beine zu stellen. Bei dem deutschen Industriekonzern ließ sich genau das aber heute beobachten. Erfreulich war es nicht, was es zu sehen gab.
Die Umsätze gingen um 6,6 Prozent auf nur noch 35 Milliarden Euro zurück. Darin spiegeln sich Faktoren wie die anhaltende Konjunkturschwäche wider. Das Unternehmen selbst verwies bei der Vorstellung der Zahlen unter anderem auf eine sehr schwache Nachfrage aus dem Automobilsegment, was sich mit anderen Bereichen nicht auffangen ließ. Der Nettoverlust konnte im Vergleich zum Vorjahr zwar etwas eingegrenzt werden. Es musste aber noch immer ein sehr deutliches Minus in Höhe von 1,5 Milliarden Euro verzeichnet werden.
ThyssenKrupp geht nach vorn
ThyssenKrupp-Chef Miguel López sprach dennoch von einem soliden Ergebnis in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Der Manager sieht den Konzern weiterhin in einer Phase des Übergangs und macht für die hohen Verluste auch diverse Abschreibungen verantwortlich. Jene sollten aber mit dafür sorgen, dass man mittelfristig wieder in die Gewinnzone finden kann. Finanzvorstand Jens Schulte machte zudem darauf aufmerksam, dass die Ziele beim freien Cashflow übertroffen werden konnte. Für das neue Geschäftsjahr wird nun ein Nettogewinn im Bereich von 100 bis 500 Millionen Euro angepeilt.
Trotz voraussichtlich schwieriger Entscheidungen und dem noch ausstehenden Umbau der Stahltochter sieht sich ThyssenKrupp also grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Unterstrichten wird dies mit einer Dividende, die weiterhin stabil bei 15 Cent je Aktie liegen soll. Den Verantwortlichen zufolge soll es in Zukunft zu den höchsten Prioritäten zählen, den Anteilseignern weiterhin verlässliche Renditen bieten zu können. Das kommt an den Märkten durchaus gut an.
Die Anleger scheinen zufrieden zu sein
Die Thyssenkrupp-Aktie reagierte auf die Zahlen heute Morgen mit Kursgewinnen von rund sechs Prozent, was den Aktienkurs bis zum Mittag auf 3,60 Euro heben konnte. Insbesondere vor dem Hintergrund eines sonst sehr trüben Marktumfelds verdient ein solcher Kurssprung durchaus Beachtung. Den Anteilseignern war im Vorfeld bereits sehr bewusst, dass das vergangene Geschäftsjahr mehr als mau ausfiel. Umso leichter fiel es, sich auf die Zukunft und mögliche Zeichen der Besserung zu konzentrieren.
Thyssenkrupp Aktie Chart
Wichtig für die kommenden Wochen und Monate wird nun sein, dass auf Worte auch Taten folgen werden. Versprochen wurde vom CEO, dass ThyssenKrupp sich in allen Geschäftsbereichen verbessern und Chancen der grünen Transformation nutzen wolle. Die Pläne für eine Abspaltung von ThyssenKrupp Stell Europe und der Marinesparte scheinen weiterhin lebendig zu bleiben, was dem Konzern im besten Fall ansehnliche Finanzspritzen bescheren könnte.
Genug gejammert?
Geprägt war die ThyssenKrupp-Aktie lange Zeit von Klagen über hohe Energiepreise, Konjunkturflauten und dergleichen mehr. Zumindest das Management scheint sich davon aber lösen zu wollen und wieder mutiger nach vorn zu blicken. Bemerkbar macht sich bei den Zahlen schon jetzt ein Performanceprogramm, das im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht wurde. ThyssenKrupp scheint die Kosten wieder sehr viel besser im Griff zu haben.
Der erfrischende Optimismus färbt auf die Anteilseigner ab und es mehren sich die Anzeichen dafür, dass die ThyssenKrupp-Aktie den Tiefpunkt hinter sich gelassen haben könnte. Das bedeutet noch lange nicht, dass der Titel nun direkt in den Rallyemodus umschalten würde. Sollten die freundlichen Prognosen für das neue Geschäftsjahr aber eingehalten werden können, so wäre zumindest der Boden für ein respektables Comeback bereitet.
Weiterer Rückenwind könnte mit Blick auf politische Entwicklungen entstehen. Nachdem die Märkte die US-Wahlen weitgehend verdaut haben, wird hierzulande nicht nur mit Sorge auf die vorgezogenen Neuwahlen im Februar geblickt. Gerade in der Industrie werden damit auch Chancen verbunden, wenn sich eine Regierung findet, die sich nicht mehr länger bevorzugt selbst im Weg steht. Die hohen Umfragewerte der CDU lassen viele Marktakteure auf sehr deutliche und hilfreiche Impulse in nicht allzu ferner Zukunft hoffen.
Fazit des Tages: Der erste Schritt!
Nur selten setzt die Politik ihre Wahlversprechen in die Tat um und die kommende Bundesregierung wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder eine Koalition sein. Der handlungsspielraum bleibt daher ein Stück weit eingeschränkt und den markigen Worten aus dem Wahlkampf ist nur bedingt über den Weg zu trauen. Gleichwohl sind sich aber so ziemlich alle der großen Parteien bewusst darüber, dass es für die deutsche Wirtschaft wirklich große Impulse benötigt.
Das ist für ThyssenKrupp und andere große Unternehmen definitiv eine Chance. Dass der Konzern nun auch ohne Berücksichtigung der politischen Bühne eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen in Aussicht stellt, darf als Licht am Ende des Tunnels interpretiert werden. Es ist noch etwas früh, um schon von einem grundlegenden Turnaround zu schwadronieren. Ein solcher scheint aber jetzt so greifbar wie schon lange nicht mehr zu sein. Anleger behalten die Aktie im Auge und achten auf mögliche Kaufsignale.
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