Liebe Leserinnen und Leser,
im Übernahmechaos zwischen der Commerzbank und der UniCredit spielen sich täglich neue Ereignisse ab. Das Hin und Her kann durchaus für Verwirrung sorgen, weshalb wir die Gelegenheit nutzen, etwas Klarheit in das Chaos zu bringen. Gemeinsam schauen wir uns in der heutigen Ausgabe der Aktie des Tages die aktuellen Wahrscheinlichkeiten für eine Fusion mit der UniCredit an. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Reaktionen der Commerzbank. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und bedanke mich herzlich für Ihre Lesertreue!
Commerzbank hat neue Finanzziele gesetzt!
Vielleicht sind Sie schon über diese Meldung gestolpert: Die Commerzbank hat neue mittelfristige Ergebnis- und Renditeziele veröffentlicht. Dabei soll auch die Ausschüttung an die Aktionärinnen und Aktionäre deutlich erhöht werden. In einer ersten Reaktion kletterte die Commerzbank-Aktie auf den höchsten Stand seit 2012. Hier zunächst die konkreten Hintergründe, bevor wir auf die Auswirkungen eingehen:
Bis 2027 strebt die Commerzbank eine Eigenkapitalrendite von mehr als 12 Prozent an, bisher lag das Ziel bei 11,5 Prozent. Dabei soll auch der Jahresüberschuss mittelfristig wieder auf über 3 Milliarden Euro steigen. Zum Vergleich: 2023 wurden hier noch 2,2 Milliarden Euro ausgewiesen.
Rund 90 Prozent des Gewinns sollen in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen an die Aktionäre zurückfließen. Dementsprechend konnte die Commerzbank-Aktie in der vergangenen Handelswoche mit einem Plus von 10,5 Prozent eine deutlich positive Dynamik verzeichnen – in den vergangenen 30 Handelstagen gewann die Commerzbank-Aktie insgesamt fast 25 Prozent.
Der Druck steigt!
Zwischen den Zeilen lässt sich herauslesen, dass die Commerzbank eine Übernahme durch die UniCredit nicht favorisiert. Der Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Übernahmeambitionen der Italiener als „unfreundlichen Angriff“. Auch die Mitarbeiter haben sich inzwischen gegen eine Übernahme ausgesprochen. Allerdings berichtete Reuters kürzlich, dass UniCredit-Chef Andrea Orcel an einem virtuellen Treffen der Commerzbank teilgenommen habe. Die UniCredit ist mit einem Anteil von derzeit 21 Prozent der größte private Investor bei der Commerzbank.
Das erschwert die Übernahme!
Um die Übernahme zu erschweren, wurde nun ein neuer designierter Vorstandsvorsitzender bei der Commerzbank ernannt. Bettina Orloff sei auch bei der Telefonkonferenz dabei gewesen, so die UniCredit-Quelle gegenüber Reuters. Insgesamt haben einige Quellen und Medien bereits berichtet, dass UniCredit langfristige Pläne habe, die Commerzbank zu übernehmen.
Bislang war der Standort der Unternehmenszentrale einer der größten Stolpersteine in diesem Konstrukt, da die Commerzbank ihre Wurzeln wohl in Deutschland behalten wird. Ein Sprecher der UniCredit sagte dazu kürzlich: „Der Hauptsitz der UniCredit ist definitiv in Italien, war immer in Italien und es gibt keinen Grund, das zu ändern“.
Eine sinnige Entscheidung?
Generell hatte der Vorstandsvorsitzende der UniCredit betont, dass eine Fusion der beiden Banken zwar das Beste wäre. Sollte die Offerte aber auf zu viel Gegenwind stoßen, könne man seinen Anteil an der Commerzbank verkaufen, hieß es in der Mitteilung. Fakt ist: Die beiden Chefs haben sich bereits zum ersten Mal getroffen. Derzeit ist die UniCredit rund dreimal so hoch bewertet wie die Commerzbank.
Analysten bewerten neue Ausgangslage!
Die Übernahmespekulationen haben auch die Analysten auf den Plan gerufen, die sich nun intensiv mit den weiteren Perspektiven der Commerzbank-Aktionäre beschäftigt haben. Zwar hat die kanadische Bank RBC mit Blick auf die geplante Übernahme durch die UniCredit das Rating auf „Sector Perform“ belassen.
Die Analystin Anke Reingen hat jedoch das Kursziel von 17,50 auf 20 Euro angehoben. Die Ausgangslage für die Commerzbank-Aktionäre habe sich durch die neuen Ziele zuletzt verbessert. Unter dem Strich sehe sie eine 75-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Übernahme.
Commerzbank Aktie Chart
Auch die US-Bank JPMorgan zeigt sich mit Blick auf die Übernahmefantasie etwas optimistischer für die Commerzbank-Aktie. So hat der zuständige Analyst Khan Abouhossein seine Einstufung auf „Overweight“ belassen und das Kursziel von 17,20 auf 18 Euro angehoben. Die verbesserten Geschäftsziele würden den Ansatz unterstreichen, weiterhin als eigenständige Bank zu agieren. Die veröffentlichte Strategie des Managements passe gut dazu – auch mit Blick auf die erhöhte Beteiligung der UniCredit. Das angehobene Kursziel resultiere letztlich aus einem höheren Überschusskapital.
Ein anderer Ansatz!
Anders bewertet die Schweizer Großbank UBS die jüngsten Einflüsse durch die Anhebung der Finanzziele. Analyst Mate Neues beließ das Kursziel unverändert bei 18,20 Euro und bestätigte die Einstufung mit „Buy“. Dennoch betonte er in seiner Studie, dass die Strategie der Commerzbank bestätigt worden sei und die Renditeziele angehoben wurden. An den Konsensschätzungen sollte dies jedoch nur wenig ändern, so der Experte. Insgesamt seien die höheren Kapitalrückführungen jedoch als klar positiver Faktor für Investoren zu werten.
Kursziel angehoben!
Auch die DZ Bank bewertet die neuen Ziele inzwischen positiv. Entsprechend wurde der faire Wert für die Commerzbank-Aktie von 19,60 auf 20 Euro angehoben. Der zuständige Analyst Philipp Häßler schrieb, es gebe zwar noch einige Fragezeichen hinter dem geplanten Anstieg der sonstigen Erträge.
Kurzfristig sieht er jedoch die Übernahmeambitionen der UniCredit als „entscheidenden Kurstreiber“ für die Commerzbank-Aktie. Sollte es zu einer Übernahme kommen, rechnet der Experte erst mittelfristig mit positiven Effekten. Unter dem Strich sei eine Übernahme in der vergangenen Woche aber deutlich wahrscheinlicher geworden als noch vor zwei Wochen.
Das Fazit des Tages!
Zwar dürfte die Übernahme durch die jüngsten Entscheidungen der Commerzbank erschwert werden. Davon könnten theoretisch vor allem die Aktionäre von den höheren Finanzzielen profitieren. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Übernahme kommt, zuletzt gestiegen – laut einer Analystenschätzung liegt sie bei 75 Prozent. Allerdings ist auf der anderen Seite zu beobachten, dass die Übernahmeambitionen in Deutschland nicht besonders gut ankommen. Sollte es also zu einer Übernahme kommen, könnte weiterer Gegenwind aufkommen.
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