Liebe Leserin, Lieber Leser,
Amazon konnte im vergangenen Quartal Umsatz und Marge beim Einzelhandel wieder etwas verbessern. Dennoch steht der Konzern seit geraumer Zeit schwer unter Druck. Chinesische Anbieter wie Temu sorgten für ein Beben in der Branche; die entsprechende App war im vergangenen Jahr die am meisten heruntergeladene App im App Store von Apple. Auf die schwindelerregenden Wachstumszahlen der Mitbewerber aus Fernost reagiert Amazon nun mit einem eigenen Angebot.
Am Mittwoch startete die Plattform „Amazon Haul“ in den USA, welche mit besonders günstigen Artikeln aus allen nur erdenklichen Kategorien punkten soll. Weniger als 20 US-Dollar sollen für die jeweiligen Produkte verlangt werden, aber auch für deutlich weniger gibt es schon einiges zu entdecken. Der Unterschied zum normalen Amazon besteht unter anderem in längeren Lieferzeiten.
Amazon: Grüße aus China
Statt wie bei Prime Sendungen so schnell wie möglich zuzustellen, verschickt Amazon bei Haul Pakete per Luftpost aus einem chinesischen Lager. Das dauert viel länger, bringt aber Kostenvorteile mit sich. Nach Bestellung kann es schon mal zwei Wochen oder länger dauern, bis die Kunden ihre Ware in Händen halten. Allerdings zeigen die Erfahrungen mit Temu, dass dies viele Käufer nicht weiter zu stören scheint. Amazon tritt dazu nun direkt in Konkurrenz.
Daraus könnten sich Chancen ergeben. Allerdings sehen einige Beobachter in der recht plumpen Kopie auch ein mögliches Anzeichen von Schwäche. Amazon sei vom Jäger zum Gejagten geworden, sagte etwa der Geschäftsführer des Kölner Handelsinstituts IFH, Kai Hudetz, gegenüber der „FAZ“. Nachdem der US-Konzern jahrelang den stationären Einzelhandel das Fürchten gelehrt habe, muss er nun selbst die neue Konkurrenz ernst nehmen. Als Folge wird ein weiter steigender Preisdruck erwartet. Das ist gut für die Kundschaft, aber schlecht für Amazon und Co.
Temu geht seinen eigenen Weg
Noch dazu ruht sich Temu nicht aus und plant schon längst die nächsten Schritte. Speziell in Europa sollen die Lieferzeiten kürzer werden. Im Sommer öffnete die Konzernmutter PDD Holdings die Plattform auch für europäische Händler. Amazon scheint mit seinem Ansatz daher recht spät dran zu sein. Bisher ist auch noch offen, ob Amazon Haul auch seinen Weg nach Europa finden wird. Der Online-Gigant macht dies von der Akzeptanz in den USA abhängig.
Abheben will sich Amazon seinerseits mit den bekannt kulanten Bedingungen bei Rückgaben. Innerhalb von 15 Tagen sollen Artikel, die nicht behalten werden sollen, unkompliziert zurückgeschickt werden sollen. Die Abgabe der Pakete wird an zahlreichen Stationen ermöglicht. Dazu zählen die eigenen Paketboxen und Standorte von Partnern wie Whole Foods Market, Staples und UPS. Eine solche Bequemlichkeit verhalf Amazon in den letzten beiden Jahrzehnten mit zu seinem rasanten Aufstieg.
Wo bei Amazon die Musik spielt
Es bleibt abzuwarten, ob Amazon mit seinem neuen Service wieder einige Marktanteile zurückerobern kann. Doch ernsthaft in die Bredouille geraten ist das Unternehmen ohnehin noch nicht. Trotz des schnellen Wachstums der chinesischen Anbieter dominiert Amazon in westlichen Gefilden weiterhin. Experten erwarten kaum, dass sich daran etwas ändern wird. Die Pläne von Temu, in Europa zur Nummer 1 und in den USA zur Nummer 2 zu avancieren, werden als dezent überambitioniert bezeichnet. Im vergangenen Jahr reichte es nicht einmal für einen Platz in den Top 10.
Bei der Amazon-Aktie spielt das Online-Geschäft ohnehin nur noch eine untergeordnete Rolle. Natürlich sehen es die Anteilseigner gerne, wenn Erwartungen übertroffen werden können, wie es im vergangenen Quartal der Fall war. Doch die größten Wachstumsimpulse liefert der US-Konzern längt in anderen Bereichen. Im Fokus stehen vor allem Cloud Computing und damit verbundene KI-Tätigkeiten.
Keine Schwächeanzeichen
Laut „Statista“ konnte Amazon seine Marktführerschaft bei der Cloud im vergangenen Quartal erneut behaupten. Die Marktanteile gingen demnach zwar von 32 auf nun 31 Prozent zurück. Azure von Microsoft folgt aber erst mit weitem Abstand auf dem zweiten Platz und schafft es dort auf 20 Prozent Marktanteil. Auf Platz 3 findet sich Google mit eher müden zwölf Prozent. Das ist durchaus eine Machtdemonstration.
Da KI-Technologien in aller Regel auf Cloud Computing angewiesen sind, spiegelt sich in dieser Entwicklung auch das gewaltige Potenzial von Amazon wider. Unterstützt wird dies durch eine weitreichende Partnerschaft mit Meta, das mit seinem offenen Sprachmodell Llama für viel Furore sorgen konnte. Die Weichen für die Zukunft sind also gestellt und bei dem noch immer sehr lebendigen KI-Boom wird Amazon sehr wahrscheinlich weiterhin zu den Gewinnern zählen.
Fazit des Tages: Rekordverdächtig!
Amazon Aktie Chart
Nicht ohne Grund wanderte die Amazon-Aktie zuletzt von einem Rekordhoch zum nächsten. Leichte Verluste am Donnerstag beförderten den Titel zwar um 1,2 Prozent auf 211,48 Dollar zurück. Dort haben die Bullen das am selben Tag etablierte Allzeit-Hoch bei 215,90 Dollar aber fest im Blick. Etwas stärkere Konkurrenz beim Online-Shopping schadet dem Tech-Giganten momentan nur wenig. Vielleicht könnten daraus mittelfristig sogar weitere Chancen entstehen. Doch solange das enorme Wachstum bei Cloud und KI bestehen bleibt, müssen Anleger sich um die Aktie kaum Sorgen machen. Wie immer lassen sich weitere Kursgewinne nicht garantieren, doch sind sie im Falle von Amazon als recht wahrscheinlich zu betrachten. Das größte Risiko für den Aktienkurs ist im Moment nicht Temu, sondern eher die Möglichkeit von spontanen Gewinnmitnahmen.
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