Achtung – hier ist die Dividende in Gefahr!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wenn Sie neun Prozent Dividendenrendite hören, dann möchten Sie sicher gleich wissen, um welche Aktie es sich handelt, die in Zeiten von Null- oder gar Negativzinsen die Aktionäre mit solch einer attraktiven Rendite auf das eingesetzte Kapital verwöhnt.

Doch leider muss ich Sie enttäuschen, die Aussicht auf solch eine hohe Verzinsung ist in dieser Woche jäh geplatzt. Jetzt könnte sogar ein Totalausfall der Dividende drohen.

Verdopplung der Dividende war geplant

Ich spreche von der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft.

Noch am 21. Juli 2021 hatte das Unternehmen angekündigt, eine Dividende für das Geschäftsjahr 2020 von 4,00 Euro pro Aktie auszahlen zu wollen und diesen Betrag für das laufende Jahr 2021 möglicherweise sogar auf 8,00 Euro zu verdoppeln.

Grund für diese euphorische Prognose sind die sehr gut laufenden Geschäfte, so war das erste Halbjahr das beste in der Firmengeschichte. Das Ergebnis pro Aktie lag in den ersten sechs Monaten 2021 bei 15,27 Euro, im gleichen Vorjahreszeitraum waren es nur 4,57 Euro gewesen.

Lang und Schwarz profitiert als Emittent von Zertifikaten und Optionsscheinen und als Market Maker mit einer eigenen Plattform vom Zulauf der Privatanleger in den letzten 1,5 Jahren mit Beginn der Pandemie.

Vielen Anlegern ist das Unternehmen auch als Emittent der wikifolio-Endlosindexzertifikate bekannt.

Finanzbehörden ermitteln

Doch am Dienstag dieser Woche lief am späten Abend eine Nachricht über die Ticker, welche einen heftigen Kurssturz bei der Aktie von Lang und Schwarz verursachte und die Aussicht auf hohe Dividendenrenditen jäh platzen ließ.

Das Unternehmen gab bekannt, dass die für den heutigen Tag anberaumte Hauptversammlung abgesagt wird und gleichzeitig eine Steuerrückstellung in Höhe von 45 Millionen Euro gebildet werden muss.

Dies wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Einfluss auf die Dividende haben, sprich die anvisierten 8,00 Euro pro Aktie sind mit nunmehr mit einem großen Fragezeichen versehen.

Was ist passiert?

Im Rahmen einer Steuerprüfung für die Jahre 2007 bis 2011 läuft eine Untersuchung – Originalzitat aus der Pressemitteilung von Lang und Schwarz vom 24.08.2021 um 19:49 Uhr :

„…gegen verantwortliche Personen der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft wegen des Verdachts unrechtmäßiger Anrechnung bzw. Erstattung nicht gezahlter Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge bei Aktiengeschäften um den Dividendenstichtag.“

Das Unternehmen rechnet dabei wohl auf jeden Fall mit Änderungsbescheiden für die Jahre 2008 und 2009, welche zu einer hohen Belastung des Ergebnisses führen könnten.

Auf den ersten Blick verursachen solche Nachrichten beim Anleger schnell ein sehr ungutes Gefühl in der Magengegend.

Eine zweite Wirecard?

Schnell könnte man Parallelen zum Wirecard Skandal ziehen, der vielen Marktteilnehmern noch sehr gut im Gedächtnis ist. Doch ist so ein Vergleich berechtigt? Meine Antwortet lautet mit dem Stand des heutigen Wissens klar – Nein!

Es handelt sich hier um eine rein steuerliche Angelegenheit, es geht nicht um Milliardenbeträge, die nie vorhanden waren oder um Scheingeschäfte mit Briefkastenfirmen, wie das wohl bei Wirecard der Fall gewesen ist.

Daher können wir heute sagen, dass diese Nachricht natürlich schwer auf dem Kurs und der Dividendenfähigkeit der Lang und Schwarz AG lastet, ein Vergleich mit Wirecard aber völlig fehl am Platze ist.

Denn schließlich kann die Rückstellung laut Lang und Schwarz aus dem Konzerngewinn des ersten Halbjahres 2021 gebildet werden. Die Aufnahme zusätzlicher finanzieller Mittel scheint also nicht nötig zu sein.

 Ist die Aktie jetzt ein Kauf wert?

Operativ läuft das Geschäft rund, Lang und Schwarz profitiert vom Börsenboom und dem wachsenden Interesse von Privatanlegern an der Börse.

Und dies wird meiner Meinung nach auch anhalten, solange die Zinsen derart niedrig sind und die Inflation weiter anzieht bzw. auf dem erhöhten Niveau verharrt.

Lediglich beim Thema Dividende steht Lang und Schwarz vorerst wohl nicht mehr bei den Anlegern ganz oben in der Gunst, denn Auswirkungen auf die Dividende für das Geschäftsjahr 2021 sind sicherlich nicht zu vermeiden.

Ob es eine Dividende geben wird und in welcher Höhe, das lässt sich heute natürlich nicht vorhersagen und hängt von den finalen Bescheiden der Finanzbehörden ab.

Abschließend ein Blick auf die Kursentwicklung der Aktie. Der Kurs hat seit Ende März 2020 eine phänomenale Rallye auf das Börsenparkett gelegt, die Aktie stieg von rund 14 Euro bis auf 153,50 Euro in der Spitze.

Mit Veröffentlichung der Nachricht fiel die Aktie von rund 127 auf 82 Euro im Tief, ein herber Rücksetzer. Dadurch entstand im Chart auch eine enorme Kurslücke, welche die Aktie wohl erst wieder schließen wird, wenn die steuerliche Angelegenheit restlos geklärt ist.

Danach könnte sich die Aktie durchaus wieder zum attraktiven Dividendentitel entwickeln, hier braucht der Anleger aber eine Menge Geduld und das Vertrauen, dass die gebildeten Rückstellungen auch ausreichen werden.

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit investiert.

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